Potsdam-Mittelmark: Eile in der Regenpause
Feuchter Sommer führt bei mittelmärkischen Getreidebauern zu Ernteausfällen von einem Drittel
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Potsdam-Mittelmark - Es sei so, als müsse man das Getreide vom eigenen Feld stehlen, sagt Thomas Härtel: Während der andauernden Schlechtwetterphase sind viele mittelmärkische Bauern zum Warten gezwungen. Und zum Zusehen, wie der Regen die Ähren ihrer Wintergerste abknickt. Wenn es dann für einige Stunden trocken bleibt, ist Eile geboten: schnell mit den Mähdreschern raus, und dabei bloß nicht nach oben schauen. Falls die Anbauflächen überhaupt befahrbar sind, denn in zahlreichen Gebieten habe der Regen die Erde so stark aufgeweicht, dass die Landmaschinen einsinken würden.
Bei der Agrargenossenschaft Buckau (bei Ziesar) sind in den trockenen Momenten alle 14 Mitarbeiter im Einsatz. Thomas Härtel ist hier Vizegeschäftsführer. „Am Sonntag haben wir bis ein Uhr nachts gearbeitet“, sagte er gestern in einem Pressegespräch. Sein Chef Klaus Vieweg setzte hinzu: „Eigentlich bräuchten wir jetzt zwei Wochen Mallorca-Wetter: 30 Grad und Sonne.“
Sorgenvoll blickt der Kreisbauernverband auf die anlaufende Getreideernte. Ein Drittel Einbußen werde man am Ende wohl haben – wenn das Wetter sich bessert, sagte KBV-Geschäftsführer Eberhard Schulze. Auf 4000 Hektar wird in der Mittelmark Weizen angebaut, auf über 26 000 Hektar Roggen. Die Mischsorte Triticale wächst derzeit auf 3900 Hektar, Winter- und Sommergerste auf 4300. Dazu kommen 10 500 Hektar Mais.
„Im März hatten wir noch angenommen, überdurchschnittlich gute Erträge einzufahren“, so Reinhard Schlieper, Vorstandsmitglied im KBV und Chef der Agrargenossenschaft Fiener Bruch. Von über 55 Doppelzentnern pro Hektar sei man ausgegangen, eine Zahl, die nun auf 45 korrigiert wurde. So ungünstig wie sich der Regen auf die Ernte auswirkt, hatte die Trockenheit im April das Wachstum beeinträchtigt. Das Getreide wuchs unregelmäßig, was sich letztendlich auf die Qualität auswirkt. Gerade in Gebieten mit schlechteren Böden mache sich dieser „Zwiewuchs“ über Gebühr bemerkbar.
Immerhin seien die Getreidepreise um 3 bis 3,50 Euro gestiegen, der für Roggen liege zwischen 13 und 13,50 Euro pro Doppelzentner. Auch die Milch sei im Aufwärtstrend, doch von der Preissteigerung von neun Prozent würden nur drei Prozent beim Bauern ankommen. Der Bauernverband will, dass die Landwirte zu drei Vierteln von solchen Steigerungen profitieren. „Wir hoffen auf eine Gesundung des Marktes“, sagt Schlieper.
Diese Preisentwicklungen sollten die Landwirte aufatmen lassen, die Ernteausfälle könnten kompensiert werden. „Aber das wird größtenteils durch die Kostensteigerungen wieder aufgefressen“, sagt Landwirt Hans-Heinrich Wolter, der mit seinem Sohn einen knapp 300 Hektar großen Betrieb in Rottstock führt. Am Ende sei man bei plusminus Null. Und es gebe es zusätzliche Erschwernisse: So seien die Auszahlungen für benachteiligte Gebiete – ausschlaggebend ist die Bodenqualität – in diesem Jahr vom Land halbiert worden. Die Zuschüsse für Agrardiesel wurden vor zwei Jahren vom Bund gesenkt und die Modulationsrate um ein Prozent erhöht. Das heißt: Mittlerweile vier Prozent aller Direktzahlungen durch die EU an die Landwirte werden einbehalten und in andere Projekte wie die Integrierte Ländliche Entwicklung gesteckt. Über diese ILE-Mittel werden zum Beispiel Wirtschaftswege ausgebaut. Unterm Strich werde Wolters Betrieb in diesem Jahr 10 000 Euro weniger zur Verfügung haben.
Immerhin: Mit den neuen Biogas- und Bioethanolanlagen, die zurzeit im Land entstehen, können die Bauern auf neue Abnehmer setzen. Ein Viertel des produzierten Getreides in der Mittelmark gehe bereits in die Energiegewinnung, mittelfristig soll es die Hälfte werden. „Dieses Getreide ist dann erst einmal vom Markt, und das wird sich auch auf die Preise auswirken“, hofft KBV-Geschäftsführer Eberhard Schulze. Thomas Lähns
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