
© A. Lemme
KulTOUR: Ein altes Haus erzählt
Kunstwerke in Schloss Güterfelde bringen Geschichte und Zukunft zusammen
Stand:
Stahnsdorf - Manchmal ist der Ausstellungsraum selbst die Idee hinter einem Kunstwerk: Im Güterfelder Schloss wird morgen eine Ausstellung eröffnet, die sich intensiv mit der Geschichte des Gebäudes und der Menschen, die in seiner unmittelbaren Nähe wohnten, beschäftigt.
„Als ich das Schloss vor über einem Jahr entdeckte, war mir schnell klar, dass ich hier ein Kunstprojekt entwickeln wollte“, erzählt die Babelsberger Bildhauerin Barbara Illmer. Und weil das Gebäude in den vergangenen 200 Jahren immer wieder anders genutzt wurde, drehen sich auch die Arbeiten der Künstlerinnen um den steten Wandel. Seit der Baumeister David Gilly das Schloss 1804 erbaute, war das Haus Privatresidenz, Heilstätte für tuberkulosekranke Kinder, Militärstandort und zuletzt Altenheim. Bevor es ab Juli durch die fränkische Firma Terraplan saniert und zum Luxus-Wohnprojekt ausgebaut wird, soll es noch einmal allen Interessierten offenstehen. Schon im vergangenen Jahr hatte Illmer deshalb begonnen, gemeinsam mit ihrer Kollegin Beate Lein-Kunz das alte Haus zu durchforsten.
Überall fanden die beiden Frauen Materialien und Gegenstände, die etwas über die Geschichte des Schlosses erzählen: Schwarze Bänder aus der ehemaligen Nähwerkstatt im Keller oder einen alten Spazierstock. Beate Lein-Kunz hat daraus ein Mobile gebaut, das jetzt über den Stufen zum Garten im Wind schaukelt. „Barke“ heißt das Werk, bei dem ein kühn geschwungener Ast mit den Bändern zu einem luftigen Gebilde verschnürt ist. Der Zweig wiederum stammt von einem Apfelbaum aus dem verwilderten Schlosspark. So fügen sich Details aus der Geschichte des Hauses zu einem neuen Ganzen zusammen, der Wiedererkennungseffekt funktioniert.
Für Lein-Kunz traf die ständige Verwandlung des Schlosses einen Nerv: „In meinem Werk geht es immer um den Übergang von Altem zu Neuem“, erklärt die Künstlerin. Die Apfelplantage hat sie bei ihrer Arbeit besonders inspiriert. Der Apfel sei ein in Märchen und Mythen vielzitiertes Symbol, er stehe für Erkenntnis und Unschuld wie in der Bibel, oder, wie in „Schneewittchen“, für gut und böse.
An Märchen und Kinderträumen arbeitet sich auch Barbara Illmer in ihren Objekten ab. Dafür hat sie aus den Glasfenstern einer Veranda ein Miniatur-Schloss gebaut, gerade groß genug, damit Kinder hineinkriechen können. Zusammen mit dem winzigen Schaukelstuhl, den Illmer mit Federn beklebt hat und der im Inneren des Glashauses steht, erinnert das Werk an eine Puppenstube. Vermitteln soll es das schwebend leichte und zugleich geborgene Gefühl der Kindheit. Einen weniger verklärten Blick auf das Kindsein wirft Illmers zweite Installation: Ein Fernseher, der rundherum verstreute Kinderbücher erdrückt. Der subtile Charme des Glashauses fehlt der Skulptur.
Ergänzt werden die Werke von Illmer und Lein-Kunz durch Fotografien von Yvonne Tschink. Sie hat Menschen aus Güterfelde porträtiert, die rund um das Schloss einen Teil ihres Lebens verbracht haben. Die Autorinnen Cora Pech, Maria Stolz und Martina Schmidt haben die Erinnerungen der zehn Anwohner protokolliert. Nur einer hat sich der literarischen Aneignung seiner Biografie widersetzt: Ortsvorsteher Dietrich Huckshold gab das Interview nicht frei, sein Bild hängt jetzt neben einer weißen Tafel, unkommentiert.
Die Ausstellung wird Sonntag, 5. Juni, 15 Uhr eröffnet und ist am 13. Juni von 11-18.30 Uhr und 18. Juni 15-18.30 Uhr geöffnet.
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