KulTOUR: „Ein bisschen Kultur machen“
Oben lebt ein Maler, unten ist eine Galerie – die „Alte Metzgerei“ in Ferch mit neuer Zweckbestimmung
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Schwielowsee · Ferch - Kaum Fußgängerbetrieb in Ferch. Die „Alte Metzgerei“ am zentralen Ortsplatz wirkt verlassen, nur ein älterer Herr mit Sonnenhut schlendert vorbei. Es ist Peter Jochimsen, der das marode Haus zusammen mit seiner Gattin Jutta seit letztem Sommer wieder in Schwung gebracht und eine neue Fercher Galerie daraus gemacht hat, mit Ferienwohnungen zum Vermieten, und einem Obdach für den Fercher Maler Helmut Kleßen im Obergeschoss.
Metzgerei, nicht Fleischerei, sagt der Pensionär, immer wieder seinen Status als „West-Berliner“ betonend, „wir müssen neue Wege kennenlernen“. Während seine Frau sich darum bemüht, die alten Dorfkirchen der Umgebung mittels Musik und Literatur („Concertino“) wieder salonfähig zu machen, kümmert sich Peter Jochimsen mehr um die bildende Kunst. Als einstiger Klimaanlagen-Erbauer mit guten Ost-West-Verbindungen kennt er offenbar jede Menge politischer Prominenz, als Mitglied der Berliner Karl-Hofer-Gesellschaft gar manchen Künstler von Rang und Namen. In Berlin geboren, zweimal ausgebombt, lebt das Ehepaar jetzt in Potsdam, das seit vielen Jahrzehnten gut vertraute.
Diese Galerie ist vielleicht etwas besonderes. Der Verkaufsraum als Entree mit großformatigen Bildern der Berliner Malerin Renée Strecker, Olaf Thiede und dem Italiener Antonio Carretta, aber auch eine Vitrine mit immer kostbarer werdenden Geschirr vom „Palazzo Protzo“. Die Kacheln sind an den Wänden belassen, obwohl es der Italiener vorgezogen hatte, seine fliegenden Kartoffeln oder Melonen auf einer untergehängten Leinwand zu präsentieren. Kein Fleischerduft allhie, trotzdem ist die Vergangenheit des Hauses in vielen Details präsent.
Die Jochimsens sind gern bereit, Auskunft über sich und ihre Pläne zu geben. Es gehört zu ihren Prinzipien, die Bilder ohne Titel und Preise zu hängen. Von Thiede und Carretta gibt es auch kein Verzeichnis, zu den Bildern von Renée Strecker schon. Man möge fragen, wünscht der Galerist – was übersetzt „ins Gespräch kommen wollen“ bedeutet.
Die Berlinerin malt großformatig, impressiv und eher flächig. Ihren Bildern ist einfach nicht zu widersprechen. Eigentlich ist alles, was sie darstellt, „Landschaft“, innere Befindlichkeit oder äußere Gestalt. Hübsche Sachen. Ein Foto-Porträt zeigt die 1955 Geborene hinter einem plastenen Schleier, so lassen sich auch ihre Bilder lesen. Ein ganzer Raum ist ihr allein gewidmet.
Olaf Thiede ist bekannt, er geht nun künstlerisch eigene Wege. Die ausgestellten Bilder, unvorteilhaft in die Höhe gehängt, stammen wahrscheinlich noch aus der Zeit „seiner“ Havelländischen Malerkolonie. Carretta hell, weit und poetisch, zudem gut im Geschäft, der eine Etage darüber wohnende Autodidakt Helmut Kleßen ist großformatig und dunkel im kleinen Büro der Galerie mit ziemlich unergründlichen Sachen vertreten.
Alle vier Künstler drängen sich hier auf engem Raum, was den kleinen Formaten nichts tut. Einige ihrer Bilder tragen den kleinen, roten Punkt. Es läuft also bei Jochimsens. Sie wollen ausstellen, verkaufen, eben „ein bisschen Kultur machen“ in Velio Bergemanns „Malerdorf Ferch“, weil es ihrer Ansicht nach vor Ort zu wenig davon gibt. Es kommen wärmere Tage, im Sommer flutet die Stadt ja zum Schwielow. Die „Alte Metzgerei“ wird ihren Platz im regionalen Kunstbetrieb also schon noch finden – „ohne strenge Zielrichtung“.
bis etwa 20. Juni, Potsdamer Platz 8, Öffnungszeiten erfragen unter Telefon (0331) 270 9888
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