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Potsdam-Mittelmark: Ein Friedhof für alle

Stahnsdorfer Förderverein will Wilmersdorfer Waldfriedhof zu einem Kulturzentrum umwidmen

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Stahnsdorf - Sanft durchdringt das Sonnenlicht die Baumwipfel, der Wind verführt die Blätter in ein ruhiges Rauschen, in der Ferne geht ein Specht seiner Arbeit nach und hämmert gegen einen Baum. Wer das große Eingangstor zum denkmalgeschützten Wilmersdorfer Waldfriedhof Güterfelde durchschreitet, befindet sich ganz schnell in einer anderen Welt, abseits jeglicher Hektik und lauten Trubels. Auch die Zeit scheint langsamer zu vergehen und nach einem Spaziergang über den Waldfriedhof fühlt sich der Besucher unter Umständen ein wenig entschleunigt.

Dieser für Körper und Geist durchaus erstrebenswerte Zustand könnte in einigen Jahren an dieser Stelle nicht mehr möglich sein. Zumindest nicht in der jetzigen Form. Besitzer des Areals ist das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf. Im Berliner Friedhofsentwicklungsplan (FEP) von 2006 kommt der Waldfriedhof nicht mehr vor. Laut FEP gebe es ausreichend Bestattungsflächen in der Bundeshauptstadt. Spätestens in 15 Jahren könnte die parkähnliche Anlage also gewinnbringend vom Land Berlin veräußert werden.

Möglich sei eine Wohnbebauung, meint Anja Zander, die sich mit dem Förderverein Hans-Altmann-Park gegen solche Ideen und für den Erhalt des Friedhofs einsetzt. Der Ankauf der Flächen war vor einigen Jahren bereits Gesprächsthema in der Gemeinde (PNN berichteten). Angedacht war ein Ankauf der Flächen. Unklar blieb jedoch, zu welchen Konditionen ein Kauf möglich ist. Seit Sommer 2013 liegt die Diskussion auf Eis. „Es gibt dafür im Moment in der Gemeindevertretung keine Mehrheit“, sagt CDU-Ortsvorsitzender Daniel Mühlner gegenüber den PNN.

Um diese Idylle der Naherholung erhalten zu können, muss ausgerechnet Leben in die Sache. „Uns geht es in erster Linie darum, das Areal künftig für Kunst und Kultur zu nutzen und die vorhanden Gebäude zu erhalten“, sagt Mühlner, der sich auch im Vorstand des Förderverein Hans-Altmann-Park engagiert. „Der Park soll natürlich in seiner Form erhalten bleiben, als Rückzugsort und Ruhepol“, ergänzt Anja Zander, die den Verein vor drei Jahren ins Leben gerufen hat.

Seinen Ursprung hat der Waldfriedhof 1909. Kurz nach der Jahrhundertwende beschloss die Gemeinde Friedenau, die damals noch zum Kreis Teltow gehörte, eine mit Kiefern bewachsene Fläche in Güterfelde (damals noch Gütergotz) zu kaufen, um das Platzproblem auf dem kommunalen Friedhof zu lösen. Die Gestaltung des Friedhofs und, so vermutet der Förderverein, der Gebäude oblag dem Architekten Hans Altmann, der seit 1906 als Gemeinderat in Friedenau tätig war. Nach Krieg, Eingemeindung und Verwaltungsreformen gehört der Friedhof seit 1937 zum Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf.

Die 17 Mitglieder des Vereins wollen unter anderem die ehemalige Kapelle auf dem Friedhof zu einem Gemeindezentrum umwidmen.Sie soll den Mittelpunkt des zukünftigen „Hans-Altmann-Parks“ bilden. Die Kapelle ist voll unterkellert und bietet im Saal darüber rund 300 Menschen Platz. Zudem gibt es mehrere separate Räume. „Dort untergebracht werden könnte eine Dauerausstellung vom Heimatverein“, sagt Zander. Die Nutzung als Ort für Trauungen sei ebenfalls möglich. „Grundsätzlich sollen das weitläufige Gelände und die denkmalgeschützten Bauten bewahrt werden, um den Heimatgedanken zu stärken“, sagt Zander.

Für die Stahnsdorferin ist es ein ganz persönliches Projekt. Als damalige Geschäftsführerin der Wohnungsbaugesellschaft in Stahnsdorf (Woges) hatte sie von den möglichen Bebauungsplänen des Bezirksamts Charlottenburg-Wilmersdorf erfahren. Da die Woges die auf dem Friedhof vermieteten Wohnungen für Berlin damals verwaltete, kam die Idee auf, das Areal denkmalgerecht zu entwickeln. Nachdem es bei der Idee blieb, entschloss sich Anja Zander, das Projekt mit Gleichgesinnten voranzutreiben. „Für mich ist es eine Lebensaufgabe, für die Zukunft, für Stahnsdorf“, sagt Zander.

So weit es geht, versucht der Verein für seine Sache zu werben. „Wir präsentieren uns auf verschiedenen Veranstaltungen und bieten vier Führungen im Jahr an“, sagt Zander. Bei der letzten Führung vor einer Woche seien immerhin rund 30 Besucher erschienen. „Eine Frau war von der Geschichte des Ortes so begeistert, dass sie gefragt hat, wie sie den Verein unterstützen kann und einen Mitgliedsantrag ausfüllen will“, freut sich Zander. Auch mit demnächst 18 Mitgliedern sei die geplante Aufgabe nicht einfach. „Welche Kosten auf uns zukommen können, wissen wir noch gar nicht,“ sagt Zander. Zudem sei unklar, ob man als Förderverein das Areal überhaupt kaufen dürfe.

„Auf jeden Fall muss sich da noch was tun und um Spenden kommen wir nicht herum“, erklärt sie. Um weiter Menschen für das Vorhaben des Fördervereins zu interessieren, soll demnächst ein Film über den Waldfriedhof gedreht werden. „Wir haben dafür bereits 2000 Euro Fördermittel erhalten.“ Ein Drehbuch werde derzeit geschrieben. Wann der Film der Öffentlichkeit präsentiert wird, konnte Anja Zander noch nicht sagen. Eilig habe es der Verein nicht. Und so kann noch einige Jahre das Sonnenlicht sanft durch die Baumwipfel dringen und der Friedhof ein Ort der Ruhe und Entspannung sein.

Björn Stelley

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