Potsdam-Mittelmark: Ein früher Emma-Star
Ausstellungsquartett über Geltower Fotografin Marie Goslich im kommenden Jahr
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Schwielowsee · Geltow - „Wenn es im 19. Jahrhundert die Zeitschrift ,Emma“ gegeben hätte – Marie Goslich wäre ihre Hauptprotagonistin geworden. Wenn damals das Wort ,Emanze“ im Sprachgebrauch gewesen wäre – Marie Goslich wäre sicher so bezeichnet worden.“ So berichtet die Schwielowseer Heimatforscherin Bettina Schmidt. Marie Goslich (1858-1936) lebte selbstbestimmt und arbeitete als Fotografin, Journalistin, Malerin und Erzieherin. Ihr Leben pendelte zwischen Berlin und Geltow.
Im kommenden Jahr gilt der außergewöhnlichen Frau das besondere Interesse des Heimatvereins. Es gibt Ausstellungen an vier Standorten: im Gasthaus Baumgartenbrück in Geltow, in Petzows Schinkelkirche, im Schloss und im Heimathaus in Caputh sowie im „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte“ in Potsdam. Dafür werden die Glasplattensammlung und das künstlerische Erbe von Marie Goslich aufgearbeitet, einer Fotografin und Journalistin, deren Lebenspole zwischen dem Schwielowsee und Berlin lagen – mithin zwischen „Provinz und Metropole“.
In ihrem Wirken und Schaffen als Fotografin und Malerin zeigt sie sich von einer beeindruckenden Eigenständigkeit. „Grob vereinfacht kann man ihre Fotos als gemalte Bilder und ihre Bilder als gemalte Fotografien bezeichnen“, meint Heimatforscherin Schmidt. Marie Goslich erlangte mit 19 Jahren das Schweizer Lehramtpatent, war auf Gut Neurode bei Berlin und bei der Babelsberger Familie Wassmann tätig. Sie lernte französisch, wurde Lehrerin, übte sich früh in der Fotografie und war Gasthörerin bei Hans Delbrück, einem bekannten Historiker.
Ihr wechselvoller Lebensweg hatte in Geltow seinen Dreh- und Angelpunkt gefunden, als sie 1893 in den Gasthof der Familie Herrmann einzog. 1910 heiratete sie in Baumgartenbrück Karl Kuhls, 1917 fiel der gemeinsam adoptierte Sohn beim Matrosenaufstand, die Ehe wurde kurz darauf geschieden.
Ihre künstlerische und journalistische Tätigkeit galt besonders den Interessen der Frauen. Als Chefredakteurin des vom Babelsberger Pfarrer Theodor Hoppe herausgegebenen Sonntagsblattes der Evangelischen Frauenhilfe „Der Bote für die deutsche Frauenwelt“ erteilte Goslich den Leserinnen in Wort und Bild praktische Lebenshilfe. Die Autorin Tessy Bortfeldt veröffentlichte im Jahr 2005 ein vielbeachtetes Buch: „Frühes Licht und späte Schatten. Das Leben der Marie Goslich – eine preußische Biografie“.
Liselotte Herrmann aus Baumgartenbrück ist es zu verdanken, dass 414 Photoglasplatten und Photographien mit Aufnahmen, die Marie Goslich produziert hat, über die Wirren der Zeiten gerettet wurden. „Die historischen Aufnahmen sind bereits digitalisiert“, berichtet Krystina Kauffmann aus dem Heimatverein Caputh. Die Sammlung soll katalogisiert werden, gegenwärtig laufen historische Recherchen dazu. Mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, dem Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte sowie der Schlösserstiftung ist es zudem gelungen, Fördermittel für das Projekt zu erhalten.
Um das Lebenswerk Goslichs umfassend zu dokumentieren, suchen die Heimatforscher weitere Fotografien, Bilder und Zeichnungen von Goslich. Diese können auch signiert sein mit „Marie Kuhls“ oder „Marie Goslich-Kuhls“. „Wir würden uns freuen, wenn alle, die noch Material besitzen, uns dieses als Leihgabe zur Verfügung stellen“, so Bettina Schmidt.
Kontakt unter Telefon (033209) 80932.
Karl-Heinz Friedrich
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