zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Ein Glücksbringer im Kreuzfeuer

Dieter Kinzel aus Wilhelmshorst ärgert sich schwarz über Doppelkosten bei der Heizungswartung

Stand:

Dieter Kinzel aus Wilhelmshorst ärgert sich schwarz über Doppelkosten bei der Heizungswartung Von Christin Blievernicht Michendorf · Wilhelmshorst - Dieter Kinzel ist wütend. „Acht Jahre sind wir ohne die Abgasmessungen der Schornsteinfeger ausgekommen. Jetzt zwingt man uns mit einer Verordnung dazu, unsere Heizungsanlagen doppelt abnehmen zu lassen.“ Doppelt, weil schon die Herstellungsfirma zur jährlichen Wartung anrücke. Entsprechend der neuen Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes „26. BimSchV“ muss jetzt auch der Schornsteinfeger ran. „Das ist eine zweifache Belastung für den Bürger, gegen die er sich nicht wehren kann“, ist der Rentner sauer. Seiner Meinung nach reiche es vollkommen, wenn mit der jährlichen Hersteller-Wartung auch die Abgasmessung erfolgt. Gesetzlich sieht die Sache derzeit so aus: Hausbesitzer mit einer eigenen Heizungsanlage sind nach der neuen Verordnung verpflichtet, den Schornsteinfeger zur jährlichen Kontrollmessung der Abgase einzulassen. Verweigert sich der Eigentümer, muss das Ordnungsamt den Zutritt zum Haus durchsetzen. Bundesweit kam es tatsächlich bereits in Einzelfällen zu Zwangsöffnungen. So zum Beispiel in Hellersdorf und Mahlsdorf in Berlin. Dieter Kinzel gibt zu, dass er im Moment mit seinem Aufbegehren ziemlich allein dasteht. Zu seinem Bedauern würden zu viele Bürger einfach alles hinnehmen, was der Gesetzgeber vorschreibt. Die beiden Brandenburger Verbände der Grundeigentümer bestätigen Kinzels Einschätzung: „Bisher haben uns keine Beschwerden oder Anfragen von Bürgern in dieser Sache erreicht.“ In anderen Bundesländern scheint es anders auszusehen: Nicht nur in Berlin soll es zahlreiche Beschwerden gegeben haben. Womöglich gibt es einen einfachen Grund: Die neue Verordnung geht auf die Kehrordnung von 1992 zurück, existiert seit mehreren Jahren, wurde in Brandenburg aber erst im September letzten Jahres vom Wirtschaftsministerium unterzeichnet. Damit war Brandenburg das letzte Bundesland, in dem die Neuerung in Kraft trat. Bernd Ebert, Obermeister und Vorsitzender der Schornsteinfegerinnung im Land Brandenburg, verteidigt die Verordnung: „Die gesetzliche Vorschrift hat ihre Berechtigung, denn nicht jeder Hausbesitzer lässt seine Heizungsanlage wirklich von der Firma warten. Aus Kostengründen verzichten viele darauf.“ Nur etwa 50 Prozent der Hauseigner hätten überhaupt Wartungsverträge mit den entsprechenden Firmen abgeschlossen. Aus Brandschutzgründen müsse es aber einheitliche und sichere Kontrollen geben. Dazu komme ein weiterer Aspekt: „Wer wartet, darf nicht messen. Wer misst, darf nicht warten.“ Im Klartext: Wer die Instandhaltung durchführt, darf die Abgaskontrolle nicht auch noch übernehmen. Die Gewähr, dass eine Firme unabhängig und neutral für die Sicherheit ihrer Anlagen garantiere, bliebe sonst auf der Strecke. Das Hauptproblem für die Bürger liegt, so der Wilhelmshorster Dieter Kinzel, wieder einmal beim Geld. Die Preise für die Dienstleistungen beider Seiten seien zu hoch. Natürlich fürchtet er, irgendwann selber das Ordnungsamt und die Polizei vor der Tür zu finden. Ein solcher Termin von Amts wegen war ihm bereits für Ende Oktober schriftlich angekündigt worden. „Aber da kam einfach keiner! Die haben ihren eigenen Termin nicht eingehalten!“ Kinzel ist mehr als aufgebracht. „Wir lassen uns was einfallen. Zur Not legen wir die Anlage für einen Tag still, dann ist da auch nichts zu messen“, wettert der 62-Jährige. „Das ist ja alles Irrsinn.“ Holger Becker, Pressesprecher vom Verband deutscher Grundstücksnutzer, an den sich inzwischen auch Dieter Kinzel gewandt hat, mahnt zur Besonnenheit. Die Beschwerden der Bürger seien zu verstehen und können auch durchaus etwas bewirken. Mit einer totalen Verweigerung schade man sich im Ernstfall aber selber zu sehr. „Wir helfen mit Rat und Tat und kennen Verfahrensweisen, wie man besser vorgehen sollte.“ Der Unmut dringt nun auch bis an höchste Stellen durch. Inzwischen prüft das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit noch einmal die bestehende Kehr- und Überprüfungsordnung. In Zusammenarbeit mit den Grundeigentümerverbänden soll ein wettbewerbsorientiertes System entstehen. Christoph Reichle, Pressereferent des Ministeriums, bestätigt: „Das Thema liegt definitiv auf dem Tisch, das alte System ist offensichtlich nicht mehr haltbar. Einen konkreten Termin zum Entwurf oder Beschluss gibt es aber noch nicht.“ Geduld ist wie so oft das Zauberwort. Für alle Beteiligten.

Christin Blievernicht

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })