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Von Henry Klix: Ein großer Sohn des Dorfes

Fast sah es danach aus, als wenn das Zelterhaus in Petzow wieder kommt – doch dann kam alles anders

Stand:

Werder (Havel) - Carl-Friedrich Zelter (1758 bis 1832) liegt den Petzowern sehr am Herzen – und das Zelterhaus erst recht. Der Maurermeister war musikalisch hochbegabt, entwickelte sich vom Chormitglied der Berliner Singakademie zum Musikpädagogen, Komponisten, Dirigenten und Professor mit großem kulturpolitischen Einfluss. Er gründete die erste Berliner Liedertafel und das königliche Institut für Kirchenmusik. Ein großer Sohn des Dorfes also. Selbst Johann Wolfgang von Goethe, dessen Gedichte Zelter vertonte, nannte seinen einzigen Duzfreund „genial“. Derzeit wird in Petzow wieder über Carl-Friedrich Zelter diskutiert, es geht um sein Andenken, um sein verschwundenes, mutmaßliches Geburtshaus an der Grelle.

Zelters Vater war Pächter der Petzower Ziegelei, doch ob der Sohn tatsächlich auf dem Zelterhof am Ortsrand geboren wurde, ist umstritten. Die Petzower Variante klingt so: In einer Nacht- und Nebelaktion soll der Vater seinen gerade in Petzow geborenen Sohn in die miltärfreihe Zone Berlins geschafft haben, um ihm später den Militärdienst zu ersparen. Seine Geburts- und Taufurkunden lauten freilich auf Berlin.

So gab es viele Jahre lang Gedenktafeln an zwei Geburtshäusern des Musikers – in der Berliner Münzerstraße 1, wo noch heute eine hängt. Und an der Grelle in Petzow. Das Zelterhaus, das in der DDR zum Schluss als Düngemittellager diente, musste 1973 baufällig abgerissen werden, heute ist das Flurstück 79/1 eine unscheinbare Brache. Zelters Petzower Bezug ist immerhin unbestritten, in seiner Biographie erinnert er sich an seine Kindheit in dem Dorf: „Ich lernte hier Bäume besteigen, auf Ochsen und Kühen reiten; ich fischte, ging auf Schlittschuhen und war hier immer sehr gern.“

Petzows Ortsvorsteher Bernd Hanike setzt sich seit Jahren dafür ein, dass zumindest ein Fassadenfragment des Gebäudes wieder errichtet wird – auch, um daran ein Duplikat der wertvollen, von Schinkel entworfenen Zelter-Gedenktafel wieder anzubringen. Das Original liegt – als „Leihgabe“ des Potsdam-Museums – tief im Werderaner Stadtarchiv verschlossen. Hanike würde noch ein paar historische Glindower Ziegel aus seinem Privatdepot beisteuern. Der Ortsvorsteher fragte die Grundstückseigentümer Horst und Eva-Maria Koj aus Köln um Erlaubnis. Anfangs war die Freude groß: Denn mündlich schlugen die Eigentümer sogar vor, dass Zelterhaus komplett neu zu errichten. Doch in der schriftlichen Bauvoranfrage sind lediglich zwei Varianten für profane Einfamilienhäuser hier im Außenbereich verzeichnet, noch dazu an einem völlig anderen Platz als der Ursprungsbau. Eine Wiedererrichtung des Zelterhauses sei „aus sachlichen und wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll“, heißt es da. Stattdessen könnte eine erhalten gebliebene Remise zur Zelter-Gedenkstätte umgebaut werden, schlagen die Kölner vor.

In der jüngsten Sitzung des Petzower Ortsbeirates gab es Kopfschütteln über das Schreiben und die beiden Bauvarianten. Hier will man sich auch nicht mit einem baufälligen Schuppen abspeisen lassen – Erinnerungskultur an einen großen Sohn des Ortes sieht für die Petzower etwas anders aus. „Zumindest der Charakter des Zelterhauses müsste sich in einem Neubau widerspiegeln“, sagt Ortsvorsteher Hanike.

Gestern hat er den Eigentümern zurückgeschrieben, dass Fassade und bauliche Anordnung an das Original angelehnt sein sollten, wenn der Ortsbeirat einen Bauantrag unterstützen soll. Für Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) ist das Votum der Petzower entscheidend für die Frage, ob hier gebaut werden darf, wie er auf PNN-Anfrage erklärte. Auch Große unterstützt das Anliegen eines würdigen Gedenkens. Und natürlich ist auch er sich sicher: Carl-Friedrich Zelter wurde in Petzow geboren.

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