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KulTOUR: Ein jeder nach seiner Art

Ausstellung von Tczewer Malergruppe im Kunst-Geschoss in Werder

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Werder (Havel) - Nicht zwingend müssen Städtepartnerschaften staubtrockene Treffen von steifen Rücken sein. Menschlich geht’s auch, wie derzeit in Werder zu erleben. Bis zum 26. Juni zeigt die Stadtgalerie „Kunst-Geschoss“ eine lehrreiche Schau von Werken bildender und angewandter Künstler aus der Partnerstadt Tczew, südlich von Gdansk an der Weichsel gelegen und unter dem deutschen Namen Dirschau immer wieder zwischen Preußen und Polen hin- und hergeschoben. Gut sechzigtausend Einwohner aktuell, ein paar mehr als Werder aufzubieten hat.

Verursacher dieser kultur- und stadtpolitisch wichtigen Ausstellung ist mal wieder Frank Weber, seines Zeichens Maler, Konzeptkünstler und bienenfleißiger Kurator der Werderschen Galerie. Als er nämlich voriges Jahr an einem internationalen Pleinair in Polen teilnahm, lernte er auch eine Tczewer Malergruppe kennen, allerdings „ratlos, hilflos und in großer Lethargie“, denn ihr langjähriger Leiter Janusz Mokwa war kürzlich erst gestorben. Mit der Einladung, doch in Werder auszustellen, half er dem vielköpfigen Gremium aus Hausfrauen, Lehrern, Ärzten und Schülern, Ruheständlern und Künstlern, die schwere Krise zu überwinden.

Sechsundzwanzig von ihnen bot sich somit die Möglichkeit, sich und ihre Kunstarbeitsgemeinschaft einer unbekannten Öffentlichkeit zu präsentieren. Werder und Umgebung aber hat nun die Chance, etwas mehr über Tczew an der Weichsel zu erfahren, über seine Bewohner und deren eigene Art. Ein Porträt ihres Meisters nehmen die Polen zu jeder Ausstellung mit, honoris causa!

Obwohl nun Flyer und Plakat dieses Mal vielleicht nicht so gelungen sind und manch einer im Bildwerk der Vielen jede Menge „polnische Mentalität“ als Kitt entdeckt haben will, steht jeder Name nebst zugehörendem Werk zuerst einmal für sich selbst. Hier kommt Vielfalt aus Vielfalt, kein Einheitswerk! Ein jeder schafft, so gut er es kann, und jeder nach seiner Art. So malt einer den kosmischen Nebel derart genau, wie man das sonst nur vom Kollegen Hubble her kennt, andere beschäftigen sich in Bild oder Holzplastik mit religiösen Motiven, erschaffen sich mehr oder weniger akribische Konterfeis von Wald und Flur, Veduten, darunter auch Tczew, hoch auf der Weichselböschung gelegen.

Hierher scheinen auch zwei Mädchenköpfe zu gehören, auf Holz gemalt und hochkant in einer Ecke drapiert, Tczewer Engel sollen das sein. Hat Werder auch welche? Adams Apfel befindet sich im Gebiss eines toten Schädels, ein sturzbesoffener Bauer ist der Lenker einer kraftstrotzenden Quadriga, einen Dämon gibt es in Holz, ein Schwarzer Engel entsteigt bedrohlich dem Meer und anhand von Gläsern wird auch dem Letzten klar, wo der Unterschied zwischen Chaos und Ordnung liegt.

So vielfältig wie Sujets und Motive ist auch ihre Ästhetik. Man entdeckt naturalistische Darstellung neben scheinbar surrealen Konstruktionen, Abstraktes neben dem, was früher Realismus hieß, Landschaften, Porträts, die bemerkenswerte „Solidarnosc-Trilogie“ und vieles mehr.

Qualität versteht sich im „Kunst-Geschoss“ von selbst. Schön, wenn man durch solche Bilder fremden Menschen näherkommt. Sie erzählen die Geschichten ihrer Macher, so oder so, ein jeder nach seiner Art. Vielleicht mag auch ein Gran Mentalität dabei sein.

bis 26. Juni immer Do., Sa. und So. von 13-18 Uhr in der Stadtgalerie „Kunst-Geschoss“ im Schützenhaus, Uferstaße. 10

Gerold Paul

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