Von Thomas Lähns: Ein Kreis, ein Betrieb
Diskussion um neuen Verkehrsbetrieb / 200 000 Euro für Konzept bewilligt
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Potsdam-Mittelmark – Im öffentlichen Personennahverkehr will Potsdam-Mittelmark künftig eigene Wege gehen. Der Kreistag hat jetzt die Voraussetzungen für einen Rückzug aus der überregionalen Havelbus-Gesellschaft (HVG) und für die Gründung eines neuen, ausschließlich kreiseigenen Verkehrsbetriebes geschaffen. Mit den Stimmen der Koalition aus SPD, CDU, FBB und Liberalen wurde das Geld für die Erarbeitung eines Konzeptes bewilligt, nach dem die Umstrukturierung in den nächsten Jahren erfolgen soll. 200 000 Euro stehen dafür im kommenden Jahr zur Verfügung, langfristig sind Ausgaben von insgesamt einer halben Million Euro geplant. Die Fraktionen von Linken und Grünen votierten dagegen.
Begleitet wurde die Abstimmung von Protesten der Havelbus-Betriebsräte und der Gewerkschaft Verdi. Die Mitarbeiter befürchten Einschnitte beim Lohn, wenn sie von der HVG in eine kleinere Kreisgesellschaft wechseln müssen. Dem widersprach Landrat Wolfgang Blasig (SPD): Schon jetzt würden die Mitarbeiter der Belziger Verkehrsbetriebe 30 Euro mehr im Monat als die der HVG verdienen. Die Belziger Gesellschaft gehört bereits zur Gänze dem Landkreis und deckt den südlichen und westlichen Raum ab. Die Havelbus-Gesellschaft, mit knapp 500 Mitarbeitern und 213 Bussen größter Verkehrsbetrieb Brandenburgs, wird je zur Hälfte von den Kreisen Havelland und Potsdam-Mittelmark getragen und verkehrt unter anderem in den Regionen Werder (Havel), Beelitz und Teltow.
Aus dem Belziger Verkehrsbetrieb und den eigenen Anteilen von Havelbus soll nun langfristig ein gesamt-mittelmärkisches Kreisunternehmen werden, so die Pläne der Verwaltung. Wenn sich Liniennetz und Kreisgebiet decken, würde man nur noch Leistungen bezahlen, die auch hier erbracht werden. Der Landkreis könne schneller und flexibel entscheiden, da er sich nicht mehr mit anderen abstimmen muss, heißt es in der Beschlussbegründung. „Wir wollen ein Optimum an Verkehrsleistungen bei bezahlbaren Preisen und Zuschüssen“, resümierte der Landrat.
Die Bildung einer gemeinsamen Verkehrsgesellschaft der Landkreise mit den Städten Brandenburg (Havel) und Potsdam ist damit vorerst vom Tisch. Mittlerweile würden „die Voraussetzungen zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit“ fehlen, heißt es im Beschlusstext. Vor allem zwischen Havelbus und den Potsdamer Verkehrsbetrieben (ViP) hatte es in den vergangenen Monaten häufig Streit gegeben. Unter anderem ging es um ViP-Busse, die fast zeitgleich auf wichtigen Havelbuslinien in der Landeshauptstadt eingesetzt werden sollten (PNN berichteten). Zudem gebe es mittlerweile auch keine Schnittstellen mit dem Havelland mehr: Zwischen den beiden Landkreisen verkehrt derzeit keine Linie.
„Wir sollten hier nicht blauäugig herangehen“, warnte indes Thomas Singer (Linke). Er kenne keinen Bericht, nach dem es Probleme bei Havelbus geben würde. Die angestrebten Ziele ließen sich auch unter jetzigen Voraussetzungen erreichen. Ähnlich argumentieren die Betriebsräte. In einem Positionspapier heißt es: „Havelbus ist wettbewerbsfähig!“ Das Unternehmen erwirtschafte 80 Prozent seiner Kosten und sei damit deutschlandweit im vorderen Bereich. Im Land Brandenburg sei die HVG führend bei alternativen Angeboten wie dem Rufbus. Und Kosten ließen sich senken, in dem man die Zusammenarbeit mit anderen Verkehrsunternehmen oder privaten Anbietern anpasst. Kritik wurde auch an den nun beschlossenen Mitteln für die Berater und Anwälte laut: „Wir laufen in die falsche Richtung und sollen auch noch den Wanderführer bezahlen“, so Singer.
„Hier geht es um den Grundsatz: Ein Kreis, eine Firma“, hielt FDP-Abgeordneter Heiko Hüller dagegen. Es sei falsch, Ängste zu schüren. „Niemand wird hier seinen Arbeitsplatz verlieren“, sagte er. Und Baldur Martin (FBB) bemerkte: „Ich sehe hier keine Gefahr, die Diskussion geht ja erst los.“
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