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Potsdam-Mittelmark: Ein nervenaufreibender Job

Die Feuerwächter im Forstamt Belzig sitzen heute nicht mehr auf einem Turm, sondern vor Computer-Bildschirmen

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Belzig - Früher kletterte er mit einem Fernglas auf den Feuerwachturm in Schmerwitz, heute sitzt er im Forstamt Belzig vor Computerbildschirmen. Lothar Patzwald ist Waldarbeiter und Feuerwächter. Gern denkt er an seine Schmerwitzer Jahre zurück, doch die Zeiten ändern sich. Statt einem hat er nunmehr drei Feuerwachtürme im Blick. Die Wipfel, die früher mit dem Fernglas abgesucht wurden, werden heute durch weltraumerprobte Kameras ins Visier genommen. Per Richtfunk oder Telefonkabel gehen die Daten in den Belziger Forstweg. Hier wachen Lothar Patzwald und sein Kollege Wolfgang Bürger darüber, dass es zu keinem Großbrand kommen kann.

Brandenburgs Wälder werden inzwischen mit 90 Kameras überwacht, nur noch auf 25 Wachtürmen sitzen Forstmitarbeiter. Das Forstamt Belzig ist seit diesem Jahr komplett auf die neue „Firewatch“-Technik der Firma „IQ wireless“ umgestellt. Das Berliner Unternehmen hat vor fünf Jahren das weltweit erste automatischen Waldbranderkennungs-System installiert, vor allem in Brandenburg wurde es seitdem getestet.

Im Forstamt Belzig sind statt 13 Türmen nur noch drei Bildschirmplätze zu besetzen, sagt Teamleiter Marek Rothe. 136 000 Hektar Waldfläche im Winkel zwischen Rathenow und Treuenbrietzen, Potsdam und Ziesar werden hier kameratechnisch erfasst. Sieben der Türme werden von Belzig aus zentral überwacht, sechs aus Rathenow. Die Digitalkameras drehen sich in sieben Minuten einmal im Kreis und schießen dabei 18 Bilder.

Drei Panoramabilder zeigen Feuerwächter Lothar Patzwald, was die Kameras in Ferch, Lehnin und Rädel im Fokus haben. Ein Radius von zehn Kilometern wird recht genau schwarzweiß abgebildet, sagt er, bei klarer Sicht mehr. Eine Computersoftware errechnet kleinste Bildveränderungen – und gibt Alarm, wenn es sich um eine Rauchschwade handeln könnte. „Das ist noch zuverlässiger als das Auge“, witzelt sein Kollege Wolfgang Bürger. Denn während man vom Feuerwachturm schnell einen Sonnenreflektion von Rauch unterscheiden konnte, gibt „Firewatch“ bei jeder Lichtbewegung Laut – ob es sich um ein Windrad, eine Autofrontscheibe oder eine Wolke handelt, die plötzlich die Sonne verdeckt. Etwa 1000 Warnmeldungen laufen täglich im Belziger Brandmeldebüro auf, die genau ausgewertet werden müssen. Ein nervenaufreibender Job.

So wird Wolfgang Patzwald an diesem Nachmittag auch ein mutmaßlicher Brand im Revier der Oberförsterei Ferch durch einen Gong gemeldet. Am Foto-Bildschirm kann er die rot eingekästelte Stelle näher begutachten, den Ausschnitt vergrößern. Tatsächlich ist ein Wölkchen über Kiefernwipfeln zu erkennen. Auf dem Nachbarbildschirm erscheint auf einer Karte ein Peilstrahl, ein roter Kreis markiert die vermeintliche Brandstelle – freies Feld im Bildschatten der Kiefern! Ein Landwirtschaftsfahrzeug hat eine Staubwolke aufgewirbelt. „Feuerrauch ist ja auch dunkler“, sagt Patzwald. Gottseidank.

Von 12 bis 20 Uhr dauert die Dienstzeit bei Waldbrandwarnstufe IV, an den Wochenenden beginnt sie um 11 Uhr. Vorigen Sonntag wurde ein Feuer in Sachsen-Anhalt entdeckt, sechs Hektar Wald sind dort abgefackelt – ohne die schnelle Meldung wären es mehr geworden. Am Montag dann qualmte es bei Görzke. In Belzig reichte im Wald an der Springbachmühle der Funkenflug einer gerissenen Stromleitung, um ein Feuer auszulösen. Die Meldungen gehen von Belzig aus direkt an die Leitstelle. Um den Brandort genau zu lokalisieren, wird er nach der Kurzmeldung an die Feuerwehr nochmal von einem zweiten Feuerwachturm angepeilt.

Allein auf die Technik wollen sich die Forstleute nicht verlassen in einer Zeit, wo im Brennglas einer Scherbe ein Feuer ausgelöst werden kann. An sonnigen Wochenenden, wenn es viele Menschen in den Wald zieht, werden deshalb auch Streifendienste eingerichtet. Marek Rothe war voriges Wochenende selbst dabei – und konnte gerade noch unterbinden, dass bei einer Feier am See ein Grill angesteckt wurde. Ob durch Kameras, Waldarbeiter oder Spaziergänger – ein Großfeuer könne nicht früh genug verhindert werden, sagt er.

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