
© Thomas Lähns
Potsdam-Mittelmark: Ein ordentlicher Reingewinn
Der Zweckverband Mittelgraben hat zwölf Euro pro Jahr für Gartenwasserzähler kassiert – zu Unrecht, wie jetzt geurteilt wurde
Stand:
Michendorf / Nuthetal - Eine Gebühr von zwölf Euro im Jahr – da hatte sogar der Richter geraten, die Klage wegen Geringfügigkeit zurückzuziehen. Doch Joachim Dyllick ging es ums Prinzip: Wenn der Wasser- und Abwasserzweckverband „Mittelgraben“ Geld von ihm haben möchte, dann solle er nachweisen, wofür er es braucht, sagt er. Der Wilhelmshorster war vor zwei Jahren gegen einen Gebührenbescheid für seinen Gartenwasserzähler vor den Kadi gezogen – und hat das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam gewonnen. Das Urteil ist seit gestern rechtskräftig.
Damit hat Dyllick dem Zweckverband und der von ihm beauftragten Mittelmärkischen Wasser- und Abwassergesellschaft (MWA) eine ordentliche Schlappe beigebracht. Während die Zweckverbände im Land zurzeit vor allem gegen Altanschließer prozessieren, hat sich hier eine völlig neue Front aufgetan.
2009 hatte der Mittelgraben-Verband eine Verwaltungsgebühr für die sogenannten „Absatzmengenzähler“ erhoben. Die erfassen jenes Wasser, das nicht zurück ins Abwassernetz gelangt, sondern zum Beispiel zum Blumengießen genutzt wird und im Garten versickert. Die Menge wird vom insgesamt verbrauchten Wasser abgezogen, um so die Schmutzwassergebühr möglichst genau zu berechnen. Gut 3500 Kunden Mittelgraben-Kunden haben solche Zähler im Keller. Gegen die Gebühr hat nicht nur Joachim Dyllick geklagt: Unabhängig von ihm ging auch der Bergholz-Rehbrücker Heinrich Petzold juristisch dagegen vor.
„Uns geht es nicht um die zwölf Euro“, erklärt Petzold, der das Verfahren für den „Interessenverein für Wasser und Abwasser e. V.“ geführt hat. Der Verein bezweifle die Rechtmäßigkeit der Gebühr, immerhin habe man für die Abnahme und Verplombung der Gartenwasserzähler bereits 54,40 Euro und bei den weiteren Abnahmen alle sechs Jahre nochmal 27,20 Euro zu zahlen. „Damit sind nach unserer Auffassung alle anfallenden Kosten für Einrichtung der Daten, für die Datenpflege und alles weitere beim Zweckverband abgegolten“, so Petzold.
Ähnlich argumentiert Joachim Dyllick: „Ich lese den Zähler selbst ab und trage den Stand auf einer Karte ein. Die wird dann nur noch eingelesen. Den Gebührenbescheid spuckt am Ende der Computer aus“, so seine Einschätzung. Die MWA, die von den Zweckverbänden „Mittelgraben“ und „Der Teltow“ getragen wird, konnte die von ihr veranschlagten 862 Arbeitsstunden für die Verwaltung der 3500 Zähler – und damit die 12 Euro pro Kunde – nicht zur Gänze nachweisen. In der Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichtes heißt es dann auch: „Geht man aber allein von den tatsächlich auf die konkrete Verwaltung der Absatzmengenzähler entfallenden Zahl von aufgerundet 157 Stunden aus, durfte der Verwaltungsgebührensatz 2,15 Euro nicht überschreiten.“
Joachim Dyllick hat ausgerechnet, dass der Verband durch die seit zwei Jahren erhobene Gebühr unterm Strich gut 84 000 Euro von seinen Kunden eingenommen hat. Zieht man den vom Gericht anerkannten Aufwand ab, bleibt ein ordentlicher Reingewinn von knapp 70 000 Euro. Immerhin: Dyllick und Petzold müssen die zwölf Euro, die für 2010 und 2011 angefallen wären, nicht zahlen – weil sie sich gewehrt haben. Die Prozesskosten müssen sie auch nicht tragen, sondern der Verband – aber bei einem Streitwert von zwölf Euro sind auch die überschaubar.
Dass andere Gartenwasser-Kunden nun ihre Gebühren erstattet bekommen, sei „nicht geplant“, erklärte Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU) auf Anfrage. Er ist seit diesem Jahr Verbandsvorsteher des „Mittelgrabens“ und bekleidet zudem auch den derzeit vakanten Geschäftsführerposten der MWA – zusammen mit Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert (SPD). Mirbach kündigte aber an, dass in diesem Jahr keine Verwaltungsgebühr für die Gartenwasserzähler erhoben werden soll. Die Satzung des Verbandes soll geändert werden. Der Prozess und das Urteil wurden auch gestern Abend auf der Verbandsversammlung Thema.
Joachim Dyllick hat den Eindruck, dass die Gebühr vor drei Jahren eingeführt wurde, um dem Verband neue Einnahmequellen zu erschließen. Unterm Strich hat es funktioniert – denn leider würden die meisten Betroffenen bei so kleinen Beträgen nicht mehr nachfragen.
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