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Potsdam-Mittelmark: Ein rabenschwarzer Tag

Spaziergängerin entdeckt Schafskadaver auf einer Weide in Langerwisch. Haben Kolkraben sie getötet ?

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Michendorf - Es war ein entsetzliches Bild, das sich Claudia Remmert bei ihrem Spaziergang am Freitagnachmittag in Langerwisch bot. Fünf blutüberströmte, zum Teil schon verweste Schafskadaver entdeckte sie auf einer Wiese nahe der Langerwischer Mühle. Ein weiteres Tier kroch schwer verletzt über die Weide. Noch am selben Nachmittag informierte die Caputherin die Polizei, welche die Halterin der Schafherde, eine Langerwischer Landwirtin, ausfindig machen konnte. Sie erklärte den Beamten, dass Kolkraben die Tiere angegriffen und getötet hätten.

Kolkraben – ihre Übergriffe bereiteten vielen Schafzüchtern Kopfschmerzen, erklärte gestern auch der Vorsitzende des Landes-Schafzuchtverbands, Schäfermeister Jan Greve. „Die Raben sind ein Problem“, sagte Greve gegenüber den PNN. „Es sind Spezialisten, die gelernt haben zu töten.“ Übergriffe wie in Langerwisch seien keine Seltenheit. Doch der Tierschutz verbiete es, die Kolkraben zu jagen, die auch schon seine Lämmer angegriffen hätten.

Bis zu 30 Tiere verliere er im Jahr an die Raben, die sich besonders im Herbst und Winter über junge und schwache Tiere hermachten. „Lämmer, die wie ein Baby tief und unbekümmert schlafen, werden angegriffen.“ Selbst größere, vor allem schwangere Tiere seien nicht sicher. Die Raben würden den Schafen die Augen ausstechen, in After und Geschlechtsteile hacken, um sich von Weichteilen und Innereien zu ernähren. Auch seine Kollegen aus der Rinderzucht hätten von solchen Vorfällen berichtet.

Doch warum überließ die Langerwischer Landwirtin ihre verletzten Tiere dem qualvollen Tod, fragte sich Claudia Remmert nach ihrem grausigen Fund? „Mein Eindruck war, dass die Schafe schon lange dort lagen.“ Die Polizei stellte inzwischen die Ermittlungen gegen die Halterin ein. Anzeichen für Krankheiten seien nicht gefunden worden. Auch die Polizei meint, dass es Kolkraben waren. Beim Kreis-Veterinäramt war der Fall gestern noch unbekannt, die Landwirtin für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Fünf tote Tiere und mehrere skelettierte Schafsköpfe sind auch für Wolfgang Mädlow, Geschäftsführer des Brandenburgischen Naturschutzbundes, ein Warnzeichen: Schon früher seien Kolkraben für solche Überfälle verantwortlich gemacht worden. Bei langjährigen Recherchen des staatlichen Vogelschutzes habe sich herausgestellt, dass die Raben die Schafe nicht zweifelsfrei getötet hätten, so Mädlow. „Oft gehen solche Übergriffe mit Problemen bei der Viehhaltung einher.“ Meist seien die Vorfälle ein Zeichen, dass in der Herde etwas nicht stimme. So seien in vielen Fällen Hygiene oder Aufsicht vernachlässigt worden. Meist hätten die Kolkraben nur schwache, kranke oder bereits tote Tiere als Nahrungsquelle genutzt. „Wie kann es sein, dass die Tiere bis zur Verwesung auf der Weide lagen?“, fragt sich Mädlow beim aktuellen Fall. Hier sei deutlich, dass etwas nicht stimme.

Mindestens täglich, besser zweimal am Tag, sollte ein Züchter seine Herde kontrollieren, sagte auch Schafsverbandschef Jan Greve. Doch selbst das könne die Kolkraben, die mit einer Körperlänge von bis zu 64 Zentimetern zu den größten Rabenvögeln Europas zählen, nicht vertreiben. „Die merken, wenn das Auto vorfährt und halten sich dann zurück“, erklärte der Schäfer. Er fordert deshalb, die Raben langfristig wieder dem Jagdrecht zu unterstellen, um dem Problem Herr zu werden. Tobias Reichelt

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