Von Thomas Lähns: Ein Stadtparlament auf Reisen
Beelitzer Kommunalpolitiker tagen für die Bürger jetzt auch in den Ortsteilen / Premiere in Salzbrunn
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Beelitz – Es wird eine Sitzung von historischer Tragweite, so viel ist den Beelitzer Stadtverordneten jetzt schon klar. Mit neugierigen Blicken messen sie das Dorfgemeinschaftshaus: Es ist ein riesiges Gebäude, das die Salzbrunner hier pflegen und nutzen. Trotz hoher Decken und Neonröhren wirkt der Saal anheimelnd. An der Tür steht eine mit Kerzen aufgeputzte Kiefer, Plätzchen auf dem Tisch, und in der Ecke eine Kanne Glühwein. „Unser Bürgermeister hat ein Händchen für sowas“, sagt jemand. Die weihnachtliche Stimmung dürfte den zeitweisen Abschied vom Beelitzer Rathaus versüßen.
Das erste Mal in ihrer Geschichte haben die Beelitzer Stadtverordneten vor kurzem nicht in der Stadt selbst getagt. Die Reise nach Salzbrunn ist Teil der Öffentlichkeitskampagne von Bürgermeister Bernhard Knuth (BBB): Er hatte in seinem Wahlkampf vor einem Jahr versprochen, auch die Menschen in den Dörfern mitzunehmen. Neben Sprechstunden, Bürgerversammlungen und dem neuen Beelitz-Forum im Internet soll das nun auch in den Sitzungen geschehen. Zwei bis drei Mal im Jahr sollen die Stadtverordneten auf Reisen gehen, für die Premiere wurde Salzbrunn ausgewählt. Die ehemalige Mohrrübenhalle der LPG ist nach der Wende aufwendig saniert worden und dient heute Vereinen, Feuerwehr und Ortsbeirat als Heimstatt.
Im Publikum sieht man Gesichter, die auf Sitzungen in Beelitz sonst nicht auftauchen. Und auch die Erwartungen sind hier andere – auf dem Lande zählt Disziplin. Die Politiker werden aufgefordert, sich der Reihe nach vorstellen. Dann bemerkt ein Bürger in Richtung einer Abgeordneten, dass das Häkeln während der Sitzung unhöflich sei – „wir sind ja hier nicht im Bundestag“. In der Einwohnerfragestunde kommen erwartungsgemäß lokale Probleme zur Sprache: Die Koniferen an der Kurve am Ortseingang würden den Verkehr behindern. Ob man die nicht stutzen könnte, fragt ein Anwohner? Ein anderer mahnt, dass Fragen, die im Ortsbeirat auftauchen, oft spät von der Stadt beantwortet werden würden. „Das war vielleicht früher so. Wir sind hier, damit sich das verbessert“, so Bürgermeister Knuth.
Die Sitzung selbst verläuft wie immer: Es wird diskutiert, gerungen und abgestimmt – nur dieses Mal ohne den habstündlichen Glockenklang von St. Marien oder dem Stühlescharren von Verwaltungsmitarbeitern, die schnell noch Unterlagen aus ihrem Büro holen. Wichtigster Tagesordnungspunkt ist der Haushalt: Schon jetzt hat die Verwaltung den Entwurf fertig. 6,4 Millionen Euro sollen im kommenden Jahr investiert werden: In das Postmuseum, ins frühere Hotel Wehner, in die Kitas – und die Ortsteile. Insgesamt wird die Stadt im kommenden Jahr für all ihre Aufgaben über 23 Millionen Euro umsetzen, so die Bilanz. Beschlossen werden soll der Etat im Februar.
Mit fortschreitender Stunde wird es kühl im Dorfgemeinschaftshaus, und immer mehr Blicke gehen zum Glühwein rüber. „Holen sie sich etwas“, bietet Stadtverordneten-Vorsitzender Klaus Tischmeyer (SPD) in der Pause an. Der Wein sei zwar alkoholfrei, aber daneben steht ein Fläschchen Schnaps – zum Verfeinern.
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