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Blick über den Beelitzer Teufelssee? Nein, denn Friedrich Wilhelm II. ließ den Pavillon auf die Pfaueninsel versetzen.

©  Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Ein Stück Beelitz in Berlin

Der Jagdpavillon Friedrich Wilhelms II. auf der Pfaueninsel ist saniert. Eigentlich gehört er an die Nieplitz

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Beelitz – Der König hat es gegeben und der König hat es wieder genommen: Ein kleines Häuschen im Wald, gut getarnt mit Fassaden aus Borke. Eigentlich wollte Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) von hier aus auf Hirsche im Beelitzer Stadtforst schießen, seinerzeit eines der wildreichsten Gebiete in der Mark Brandenburg. Doch bald nach der Errichtung des sogenannten Jagdschirms ließ er das komplette Gebäude 1796 auf seine geliebte Pfaueninsel – heute gehört sie zu Berlin – versetzen. Für Beelitz ist es ein herber Verlust – würde die Stadt doch damit über einen waschechten Hohenzollernbau verfügen und wäre so zumindest ein bisschen Residenzstadt.

Der Pavillon, der wegen seiner Rundum-Verkleidung aus Eichenrinde auch Borkenhäuschen genannt wird, ist jetzt von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten aufwendig saniert worden. Er ist nicht nur wegen seiner Tarn-Fassaden eine architektonische Besonderheit: Während im Erdgeschoss durch Schießscharten auf Wild angelegt werden konnte, befindet sich im oberen Hauptgeschoss ein Salon für die Jagdgesellschaft.

Zur Wiedereröffnung des Gebäudes am kommenden Mittwoch steht niemand aus der Nieplitz-Stadt auf der Gästeliste. „Es ist schon schade, dass sich der König damals so entschieden hatte“, sagt Manfred Fließ vom Beelitzer Heimatverein. Er bemüht sich, die Erinnerung an die Herkunft des Pavillons wach zu halten – unter anderem im neuen Bildband „Beelitz“, erschienen im Sutton-Verlag. In der Stadt weiß kaum noch jemand, dass es die Jagdhütte gibt – geschweige denn, woher sie kommt.

Für Beelitz wäre das Häuschen auch ein Stück Wiedergutmachung gewesen – denn wenn es um das Forst- und Jagdrecht ging, waren die Hohenzollern nicht gerade fein mit der Stadt umgegangen. Das fing schon unter Kurfürst Joachim II (1505-1571) an, der einen Großteil der Beelitzer Heide als Jagdrevier beschlagnahmte. Fortan war es den Bewohnern der Stadt verboten, hier Holz zu schlagen oder ihre Schweine zur Eichelmast in den Wald zu treiben. Sein Sohn Johann Georg (1525-1598) setzte sogar noch einen drauf und untersagte den Beelitzern die Niederjagd – also das Recht, Kleinwild wie Hasen sowie Wildsauen und Rehe zu erlegen. Immerhin: Das wurde später offenbar wieder rückgängig gemacht.

Knapp hundert Jahre danach dann der nächste Schlag: Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1612-1688) ließ sich von den Beelitzern den Ort Seddin, die Seddiner Seen, die Meierei Kähnsdorf und damit verbunden auch 3000 Morgen Wald für gerade mal 3500 Taler abtreten. „Mit dem Verkauf dieses Theils der Haide ging der Stadt ein beträchtlicher Theil ihres Einkommens verloren“, beklagt der Heimathistoriker Carl Schneider im 19. Jahrhundert in seiner Beelitzer Chronik.

Zoff hatten die Beelitzer auch mit Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. (1688-1740): Der wollte ihnen erneut die Niederjagd abspenstig machen und bot an, dafür jährlich zwölf Rothirsche – das sogenannte Hochwild durfte generell nur vom Adel erlegt werden – zu sponsern. Der Magistrat wusste schon, was Beelitz blüht, und reagierte erst einmal nicht. In einem erneuten Schreiben wurde der König dann deutlich: Er befahl „Euch hiernach gehorsamst zu achten und alles Jagens, Hetzens und Schießens auf gedachten Feldmarken von nun an und künftig Euch gäntzlich zu enthalten“. Notgedrungen mussten die Ratsherren einlenken. Sie wollten zwar noch ein bisschen mehr als die zwölf Hirsche herausschlagen, kamen damit aber vom Regen in die Traufe: Denn nun kam die Order, dass die Tiere nicht verzehrt werden dürfen, sondern verkauft werden müssen. Von dem Geld sollten Feuerleitern und Löscheimer angeschafft oder die Straßen erneuert werden.

Für die jahrhundertelangen Streitereien hätte der Großneffe des Soldatenkönigs, Friedrich Wilhelm II, die Beelitzer versöhnen können – hätte er seinen Jagdpavillon einfach hier stehen lassen. Der „dicke Wilhelm“, an den man sich heute vor allem wegen seiner rauschenden Feste und seines regen Liebeslebens erinnert, hat von dem Gebäude auf der Pfaueninsel ohnehin nichts mehr gehabt: Im Jahr nach der Umsetzung starb er.

Dass Beelitz noch Restitutionsansprüche auf das Häuschen geltend machen kann, glaubt Manfred Fließ vom Heimatverein nicht. „Dafür müsste man sich wieder mit den Landesherren anlegen“, sagt er und setzt augenzwinkernd hinzu: „Ob das heute einfacher ist als früher?“

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