Potsdam-Mittelmark: Ein Test für die Lokalpolitiker
In Stahnsdorf wird ermittelt, wie die Kommunalwahl ausgehen würde, wenn nur Jugendliche wählen
Stand:
Bei der Kommunalwahl am 25. Mai gibt es eine Premiere: Erstmals dürfen Jugendliche schon ab 16 Jahren wählen. In einer Serie nähern wir uns der Frage, was Jugendliche mit der Wahl verbinden.
Stahnsdorf - Jung, jünger, Jungwähler: 35 000 Jugendliche sind bei der Kommunalwahl in Brandenburg zur Stimmabgabe aufgerufen. In Stahnsdorf sollen die Jüngstwähler schon ab 14 Jahren an die Wahlurne gelassen werden, zumindest testweise. „Sie sollen sehen, dass es gar nicht so schlimm ist“, so Bärbel Severin.
Seit Wochen bereitet die Leiterin des Stahnsdorfer Jugendklubs Clab in Zusammenarbeit mit dem Vicco-von-Bülow-Gymnasium die erste Testwahl für die 14- bis 16-Jährigen vor. Flyer werden gedruckt, Plakate geklebt und Parteien und Wählergruppen um Stellungnahme gebeten. Ihr Kreuz sollen die jungen Stahnsdorfer noch vor der Kommunalwahl auf einen Stimmzettel setzen, der dem zur Abstimmung über die Gemeindevertretung ähnelt. Das Ganze ist ein Test für die Politik, die sogar zum Wahlkampf in den Jugendklub eingeladen ist: eine Podiumskisdussion am 14. und 16. Mai.
Die Politiker erwartet eine ganze Flut von Fragen und Forderungen, sagt Bärbel Severin. Im Politikunterricht am Stahnsdorfer Gymnasium hätten Zehntklässler bereits Wahlwünsche formuliert: Eine S-Bahn-Anbindung ist ihnen wichtig. Das Thema öffentlicher Nahverkehr spiele überhaupt eine große Rolle: Dabei gehe es nicht nur um den Weg nach Berlin, sondern auch um den Weg von der Haustür in den Ort, gerade in den Ortsteilen. Ein Bus pro Stunde sei vielen zu wenig.
Und dann sei da noch das leidige Thema Internet. Nicht nur in den Ortsteilen, auch im Ort müssen einige Jugendliche als lahme Enten durchs Netz surfen. „Das finden sie fürchterlich“, so Severin. Gewünscht sei auch ein Jugendcafé.
Erst vor zweieinhalb Jahren hatte der Landtag das Wahlrecht ab 16 Jahren in Brandenburg eingeführt. Jugendliche können den Landtag, die Gemeindevertretung, Bürgermeister und Landräte wählen sowie an Volksbegehren teilnehmen. Bundesweit dürfen 16- und 17- Jährige in zehn Bundesländern bei Kommunalwahlen mitstimmen. Was den Landtag angeht, ist das neben Brandenburg nur in Bremen möglich. Für ein Amt kandidieren dürfen sie noch nicht.
Das Wahlalter von 16 auf 14 Jahren herunterzusetzen, davon ist Bärbel Severin bislang noch nicht überzeugt. „Wir machen unsere Testwahl für die Jüngeren in Vorbereitung auf die folgenden Wahlen.“ Schon in zwei Jahren kann in Stahnsdorf ein neuer Bürgermeister gewählt werden. „Dann haben sie schon mal reingeschnuppert“, sagt Severin.
Schon jetzt hätten viele Jugendliche bemerkt, welche Bedeutung die anstehenden Kommunalwahlen haben. Einige Schüler hätten zur Einstimmung eine Ausschusssitzung im Rathaus verfolgt, andere sich im Unterricht mit Kommunalpolitikern unterhalten. Bürgermeister Bernd Albers (BfB) sei zu seiner Haltung zu Cannabis befragt worden, Sozialausschusschefin Regina Schwarz (BfB) zu ihrem Tagesablauf. „Die Schüler waren erstaunt, dass die Gemeindevertreter Ehrenamtler sind.“
Fraktions- und Ausschusssitzungen, stundenlange Debatten im Rathaus, Treffen mit der eigenen Partei – und das alles neben der Arbeit? „Da hat keiner gesagt, hurra, ich werde Gemeindevertreter“, sagt Severin. Tobias Reichelt
Wählen können junge Stahnsdorfer im Alter von 14 bis 16 Jahren am 14. Mai im Gymnasium und am 16. Mai im Clab. Dort wird zuvor am 9. Mai ab 17 Uhr mit der Politik diskutiert. Siehe auch Seite 8
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: