Aus dem GERICHTSSAAL: „Ein Tick zu dicht, ein Tick zu lange“ Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen Lehrer
Teltow - „Es war eindeutig eine Berührung“, beharrt Lehrerin Doris P.* auf ihrem Eindruck.
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Teltow - „Es war eindeutig eine Berührung“, beharrt Lehrerin Doris P.* auf ihrem Eindruck. Im Herbst 2008 will sie gesehen haben, wie ihr Kollege Herbert G.* an einer Grundschule in Teltow einer Schülerin über die Brust gestrichen hat. „Du hast aber ein schönes T-Shirt an“, seien seine Worte gewesen, während er die Sechstklässlerin mit seiner Hand scheinbar zufällig streifte, erzählt sie. „Aber es war ein Tick zu dicht und ein Tick zu lange“, so die Zeugin. Dem Teltower Lehrer G. ist zum laufenden Schuljahr fristlos gekündigt worden, weil er mehrere Schülerinnen sexuell belästigt haben soll. Dagegen hat er jetzt vor dem Potsdamer Arbeitsgericht geklagt – gestern war die Verhandlung.
Einen von Richter Robert Crumbach vorgeschlagenen Vergleich, Herbert G’s ohnehin bald anstehende Pensionierung vorzuziehen, hatte die Vertreterin des staatlichen Schulamtes von vornherein abgelehnt. „Es geht hier um sehr schwerwiegende Vorwürfe“, sagt sie. Denn die von Doris P. geschilderte Berührung an der Tafel sei nicht der einzige Vorfall gewesen. Als Doris P. auf einer Klassenfahrt Anfang Juli 2009 beim Essen mit den Mädchen zusammensaß, sei das Gespräch wieder auf Herbert G. gekommen, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahr lang krank geschrieben war. „Als die Mächen hörten, dass er wiederkommen wird, waren sie sehr aufgebracht“, berichtet sie. Daraufhin hätten die Schülerinnen ihr erzählt, dass Herbert G. sich an der Tafel dicht neben sie stellen und sie umfassen würde, so die Zeugin. Sogar am Po habe er sie berührt. Das habe sie den mitgereisten Eltern und nach der Heimkehr dem Schulleiter mitgeteilt. In einem weiteren Gespräch mit einer der Schülerinnen habe diese unter Tränen erzählt, wie sie in den Klassenraum kam, als Herbert G. sich nach einem Arbeitseinsatz in der Schule umziehen wollte und ihren entsetzten Blick mit den Worten „Na, da schaust du ja wieder auf meine Unterhose“ kommentiert habe.
Am 4. September vergangenen Jahres bekam Herbert G. seine Kündigung, zudem wurde Strafanzeige bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft gestellt. Dort laufen die Ermittlungen noch, wie Sprecher Tom Köpping auf Anfrage mitteilte. „Solche Vorwürfe gegen meinen Mandanten hatte es zuvor noch nie gegeben. Aber plötzlich kommt da eine neue Lehrerin und übernimmt die Klasse...“, deutete Anwalt Reinhard Thiele gestern den Vorwurf der Verschwörung an. „Kann es denn sein, dass alles inszeniert ist?“ Nein, antwortet Doris P. auf die Frage des Richters, dafür seien die Schilderungen der Mädchen zu glaubhaft gewesen.
Was Herbert G. indes einräumt, ist der Vorwurf, dass er einen Schüler geschlagen habe. „Wir hatten eine Sicherheitsübung, wobei er permanent nicht zuhörte“, berichtet der Lehrer. Da habe er mit einem Heft zugehauen. Wo genau er den Schüler traf, könne er nicht sagen. „Aber ich habe über den Vorfall gleich mit seinen Eltern gesprochen“, so Herbert G.
Bevor ein Urteil ergeht, soll noch eine Psychiologin gehört werden, die mit den Kindern geredet hat. Die Schüler selbst werde man wohl nicht vernehmen müssen, so Richter Crumbach. Am Ende muss das Gericht entscheiden, ob die Kündigung wegen sexueller Belästigung oder wegen des begründeten Verdachtes der sexuellen Belästigung rechtmäßig war. (* Namen geändert) Thomas Lähns
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