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Mit 9,2 Millionen Euro gefördert: Das 2005 eingeweihte Resort am Schwielowsee – im Vordergrund eine Fontane-Skulptur.

© dapd

Hilpert-Prozess: Eine Frage der Verflechtung

Betrugsprozess gegen Axel Hilpert: Anwälte fordern bereits zum fünften Mal die Haftentlassung

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Potsdam / Werder (Havel) - Zum fünften Mal haben die Anwälte von Axel Hilpert am Montag im Potsdamer Landgericht dessen Haftentlassung gefordert. Hilpert sei Opfer eines „sophistischen Spiels mit unbestimmten Rechtsbegriffen“, sagte seine Anwältin Heide Sandkuhl. Im Förderbescheid für Hilperts Resort Schwielowsee in Petzow habe sich Brandenburgs Landesinvestitionsbank ILB bewusst hinter unklaren Formulierungen verschanzt. „Niemand wollte verantwortlich für das Scheitern der Projektfinanzierung sein. Auf der anderen Seite wollte man gegenüber der Fachaufsicht unangreifbar bleiben“, fasste Sandkuhl ihre Sicht auf die bisherigen Zeugenvernehmungen zusammen. Der Staatsanwaltschaft warf sie vor, die ILB „mit Samthandschuhen anzufassen“.

Zu einer Flucht sei der 64-Jährige gesundheitlich nicht in der Lage. „Im Übrigen ist Herr Hilpert auch kein Ehrenoberst der kubanischen Armee, wie das auf Wikipedia steht.“ Eine Verdunklungsgefahr bestehe wegen des Standes der Beweisaufnahme nicht mehr, so Sandkuhl. Die Staatsanwaltschaft wies eine Haftentlassung zurück, Richter Andreas Dielitz will nun „zeitnah“ darüber entscheiden.

Hilpert wird beschuldigt, sich für den Bau des Resorts in Petzow eine ILB-Förderung von 9,2 Millionen Euro mit falschen Zahlen erschlichen zu haben. Die öffentliche Hand soll nicht nur die Baukosten bezuschusst haben, sondern auch Gewinne von 13 Millionen Euro und damit Hilperts Eigenanteil von 4 Millionen, heißt es in der Anklageschrift. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer haben zuletzt allerdings bestätigt, dass das Vorgehen durch den Förderbescheid gedeckt war. Auch der Hausjurist von Hilperts Wirtschaftskanzlei, Joachim P., trat gestern als Entlastungszeuge auf.

Kernfrage des Prozesses: Wie ist der Förderbescheid der ILB auszulegen? Gewinnaufschläge verbundener und verflochtener Unternehmen wurden darin ausgeschlossen – nachdem Hilpert gebeten hatte, den Bescheid moderater zu formulieren und vor einem Aus für sein Großprojekt gewarnt hatte. Subventionsempfänger war die „Theodor Fontane GmbH“, an der Hauptgeschäftsführer Hilpert und Ex-Bild-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje mit je 24,5 Prozent die Hauptanteile halten. Die Fontane kaufte die Anlage schlüsselfertig von der „Projektmanagement Petzow am See GmbH“, einer hundertprozentigen Hilpert-Firma, die den Baurechnungen Gewinne zuschlug – was im Entwurf des Förderbescheids noch durch Nennung der Firma ausgeschlossen war. Auch Hilperts „Kontor für Brandenburgische Liegenschaften“ (KBL) war an solchen Buchungen beteiligt.

Joachim P. erklärte gestern, dass die beiden Hilpert-Firmen mit der Fontane GmbH weder verbunden noch verflochten gewesen seien: Dazu hätte Hilpert einen Anteil von über 25 Prozent an der Fontane haben müssen – oder über Treuhand- oder Stimmanteilsverträge eine beherrschende Stellung. P. zitierte einen EU-Rahmenplan, in dem die Begriffe definiert seien. „Sie können von der ILB nicht anders verwendet werden.“ Zudem verwies er auf eine Formulierung im Förderbescheid, laut der die Grundstücke für das Resort „nicht über Marktpreis“ an die Fontane GmbH verkauft werden dürften. „Es war allen klar, dass die Grundstücke dem KBL gehörten. Wenn man Gewinne ausschließen wollte, hätte da ,zum Buchwert’ stehen müssen.“

Hilperts Anwälte fühlten sich durch die Aussage in ihrem Haftentlassungsantrag bestärkt. Staatsanwalt Ivo Maier sprach derweil von einem „Persilschein“ der Wirtschaftsberater des Angeklagten. Sie wollten einer möglichen Haftung für falsche Wirtschaftsprüfbescheide vorbeugen und seien nicht glaubhaft. „Im Handels- und Aktienrecht wird ,personell verflochten’ auch über Geschäftsführer-Doppelmandate definiert“, erklärte Maier. Außerdem habe Hilpert laut Maier mit seinem engsten Umfeld Ende 2004 insgesamt 63,5 Prozent der Anteile an der Fontane gehalten und dort schon zuvor per Anteilskonstruktion das Sagen gehabt.

Erstmals erläuterte der leitende Staatsanwalt gestern auch, dass Rechnungen nicht nur gegenüber der Fontane GmbH, sondern auch unter Hilpert-Firmen gestellt wurden: So habe die Fontane ein Ferienhaus für 630 000 Euro gekauft, dass das KBL zuvor von einer Baugesellschaft erworben und an die PMPS weiterveräußert habe. Ursprungspreis laut Maier: 240 000 Euro.

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