Potsdam-Mittelmark: Eine Technologie wartet auf ihren Einsatz
Die Firma Symatex in Teltow entwickelt Hi-Tech für die Chirurgie – und hadert mit der Bürokratie
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Die Firma Symatex in Teltow entwickelt Hi-Tech für die Chirurgie – und hadert mit der Bürokratie Teltow – Osteoporose und Tumorbefall können lähmende Dauerschmerzen an der Wirbelsäule auslösen, eine Vertebroplastie kann helfen: Radiologen spritzen dabei in die betreffenden Wirbel einen speziellen Knochenzement, der in kürzester Zeit aushärtet und dem Wirbelkörper neue Stabilität gibt. Die Methode wird in Frankreich und den USA seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert. Zusammen mit dem Potsdamer Chefradiologen Dr. Johannes Hierholzer entwickelte die Teltower Firma Somatex Medical Technologies GmbH neuartige Geräte und Methoden, die den Eingriff wesentlich erleichtern und vereinfachen. Vom Know-how des Unternehmens überzeugte sich gestern Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) bei einem Rundgang durch die Entwicklungs- und Produktionsräume. Rund 100 Produkte werden in der Firma produziert und in 30 Länder exportiert. Das 1992 gegründete Unternehmen siedelte 2002 von Lübben nach Teltow, vor allem wegen der Nähe zu Berliner und Potsdamer Kliniken. Denn viele Produkte werden in enger Zusammenarbeit mit Ärzten und Kliniken entwickelt. Das Hauptaugenmerk gilt Einmal-Instrumenten wie Punktions- und Biopsie-Nadeln. Letztere werden zur Entnahme einer Knochenmarkprobe verwendet. Von Geschäftsführer Frank Kniep ließ sich Schönbohm das neue Cement Injections System (CIS) erläutern, zu dem Spezialkanülen gehören, mit denen Zement in Hals-, Brust- oder Lendenwirbel gespritzt wird. Knopflochchirurgie nennt man solche Verfahren, bei denen Eingriffe von außen durch winzige Öffnungen vorgenommen werden. Das Spritzengerät ist mit ergonomischen Griffen ausgestattet, die sich drehen lassen, je nach erforderlichem Winkel und Druck. Auch eine Mengenkontrolle ist möglich, ebenso kann der Zementfluss fein dosiert und jederzeit gestoppt werden. Somatex hat für diese Präzisionstechnik ein Patent angemeldet. Ein Prüfverfahren dauere in Deutschland allerdings fünf Jahre und sei sehr teuer, beklagte Kniep. Außerdem zögerten die Kassen mit der Kostenübernahme. Deren Mitarbeiter würden erst auf ihre Listen schauen, so Kniep, um festzustellen, ob es eine Zulassung gebe. Doch die erteile die Bundesärztekammer erst nach entsprechenden Studien. Die Privatkassen seien oft schon weiter. Dr. Hierholzer, der das Verfahren im Potsdamer Ernst-von-Bergmann-Klinikum anwendet, verdeutlichte, dass Vertebroplastie auch enorme Kosten einspare – nämlich die für teure Schmerzmedikamente. Viele nPatienten lägen zudem zu Hause und müssten betreut werden. Die neue Behandlungsmethode, die unter lokaler Betäubung erfolgt, dauert nur etwa 30 Minuten. Durch die Stabilisierung des Wirbelkörpers sei ein großer Teil der Patienten bereits einen Tag später schmerzfrei und bei fast allen komme es zu einer deutlichen Besserung. Da vor allem bei älteren Patienten Osteoporose festgestellt wird, sei diese Form der effektiven Schmerzbehandlung auch als ein Stück wieder gewonnener Lebensqualität zu werten, merkte Schönbohm nach dem Rundgang an. Deshalb müsse der Dialog mit den gesetzlichen Krankenkassen geführt werden, meinte der Minister. Er ließ gestern allerdings offen, inwieweit er diesen Dialog unterstützen kann, ebenso, welche Möglichkeiten er sieht, um Bewegung in den Abbau von Bürokratie zu bringen. Denn zu diesem Thema hatte Geschäftsführer Kniep eine ganze Liste, die er dem Innenminister im anschließenden Vieraugen-Gespräch präsentierte. Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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