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Von Henry Klix: „Eine Zeitung für unser Caputh“

Vom Bürgerforum zum Heimatblatt: Der Havelbote wird zwanzig

Stand:

Schwielowsee - 30. Juni 1992: Ein Bautrupp zäunt den Caputher Krähenberg ein. Der Eigentümer kündigt den völlig verdutzten Bürgern an, die fast 80 Meter hohe Bergkuppe mit Blick ins Havelland mit Wohnhäusern bebauen zu wollen. Wenig später ist die Erhebung schwarz von Menschen: Die Bauleute werden von erbosten Caputhern davongejagt. Am 4. August erscheint eine Sonderausgabe des „Havelboten“ – eine Unterschriftensammlung zum Erhalt des Krähenbergs als Ausflugsgebiet wird initiiert, die von 1600 Caputhern unterschrieben wird. Es war eine der Sternstunden des erst zwei Jahre alten Blättchens.

Am Mittwochabend wurde in der Fercher Kulturscheune das zwanzigste Jubiläum des Havelboten gefeiert. „Nichts soll in Caputh mehr verwirklicht werden können ohne den Willen der Bürgerschaft und ihrer frei gewählten Volksvertreter“, hatte der damalige Caputher Bürgermeister Friedrich-Karl Grütte unter der Überschrift „Eine Zeitung für unser Caputh“ in die erste Ausgabe vom 1. August 1990 geschrieben. „Das war aus heutiger Sicht vielleicht etwas blauäugig“, sagte Grütte (77) am Mittwochabend. So auch der erste Beschluss der frei gewählten Gemeindevertreter, dass alles Volksvermögen an die Gemeinde übergeht. Die Treuhandanstalt sah das anders. Die Frage, wem nun eigentlich das Caputher Schloss gehört, sollte im Havelboten ausführlich debattiert werden. Eine Sonderausgabe gab es, als das kurfürstliche Schloss im September 1998 frisch restauriert erstmals wieder die Türen öffnete.

Auch beim Thema Krähenberg trug der Havelbote zum Happy End bei: Die Einigkeit in der Bevölkerung war hilfreich, als die Gemeinde beim Umweltministerium die Unterschutzstellung des Krähenbergs als Trockenrasenbiotop beantragte, erinnert sich Grütte. „Wir dachten ja immer, der Krähenberg gehört uns.“ Als die Anhöhe unter Naturschutz stand, konnte die Gemeinde dem Investor das Grundstück tatsächlich abkaufen. Es war nicht mehr zu bebauen.

Grütte hatten den Havelboten gemeinsam mit der ersten Redaktionsleiterin, Heidi Giard, als „überparteiliches Bürgerforum“ aus der Taufe gehoben. Das kommunalpolitische Interesse sei damals riesig gewesen, die Unsicherheit über das, was kommt, groß. „Die Bevölkerung hat regelrecht auf so ein Ortsblatt gewartet“, so Grütte. Anfangs erschien es in einer Auflage von 500 Stück und war im HO-Laden, im Resi-Kino, im Postamt und auf dem Wochenmarkt für 60 Pfennig zu kaufen. Inzwischen werden 5000 Exemplare für alle drei Ortsteile von Schwielowsee gedruckt, der Havelbote wird den Haushalten zweiwöchentlich kostenlos mit dem Amtsblatt zugestellt.

Kritiker meinen, dass mit der kostenlosen Zustellung kaum erkennbar sei, wie groß das Interesse am Havelboten noch ist. Dass die Redaktion auch Anzeigen akquiriert, sei dem Blatt bisweilen anzumerken. Auch dass das Rathaus den Havelboten mit 12 000 Euro subventioniert: Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) ist allgegenwärtig. Vom Anspruch der Gründer, ein „Bürgerforum“ zu sein, habe sich die Redaktion ein bisschen verabschiedet, wie es am Rande der Feierlichkeiten hieß: Von den aktuell 34 Seiten gibt es kaum noch anderthalb unter dieser Rubrik. Immerhin: Das Layout blieb zwanzig Jahre dasselbe.

Bürgermeisterin Hoppe ist derweil froh, dass den Bürgern mit dem Amtsblatt auch eine ausführliche Heimatzeitung zugestellt wird. Sie sprach von einer „Brücke, um sich in den Vereinen zu engagieren“. Der Havelbote sei „ein zentrales Element im täglichen Bemühen, die drei Ortsteile der Gemeinde Schwielowsee zusammenzuführen“. Wie schwer das gelegentlich ist, zeigt die Glosse „Heinz und Helmut“: Nach einem – etwas halsbrecherischen – Dialog über „Westnieten“ war sie auf Druck der Bürgermeisterin für einige Monate verschwunden. Hoffnungsschimmer zum Jubiläum: „Heinz und Helmut“ sind zurück – in der neuesten Ausgabe geht es um den Wahlkampf im gestutzten Erholungsort.

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