
© Manfred Thomas
Von Henry Klix: Eklat zur Bismarckhöhe
Bei der Mitgliederversammlung des Freundeskreises hat sich ein tiefer Graben zum Rathaus aufgetan
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Werder (Havel) - So aufgebracht hat man Werders Bürgermeister Werner Große (CDU) selten erlebt. „Wenn ich gewusst hätte, wie dieser Abend läuft, hätte ich die Finger von der Bismarckhöhe gelassen“, wetterte er am Mittwochabend bei der Mitgliederversammlung des „Freundeskreises Bismarckhöhe“ im Hotel zur Insel. Die Replik des Vereinschefs Dieter Mantz ließ nicht auf sich warten: „Wenn wir so miteinander reden, können wir den Freundeskreis auflösen und die Stadt macht den Mist alleine.“ Zwischen dem Freundeskreis und dem Rathaus hat sich ein tiefer Graben aufgetan. Was ist geschehen?
Große ist Mitglied des Vereins, als Bürgermeister aber auch Verhandlungspartner, wenn es um die vertragliche Absicherung der Vereinsarbeit geht. Das Problem: Bislang hat der Freundeskreis, der sich Sanierung und Nutzung des Aussichtsturms der Höhengastststätte auf die Fahne geschrieben hat, keinen Pacht- oder Mietvertrag. Vor sieben Jahren hatte die Stadt das marode Baumensemble erworben, um es schrittweise zu rekonstruieren. Für drei Millionen Euro wurde unter anderem der Große Ballsaal saniert. RBB-Fernsehkoch Ronny Pietzner bewirtet hier seitdem als Tagesbetreiber ein Dutzend Veranstaltungen pro Jahr, zur nächsten Saison soll ein Biergarten in Betrieb gehen. In diesem Jahr soll ein Restaurantneubau geplant werden.
Doch der Anteil des Freundeskreises an der Belebung der Bismarckhöhe ist auch nicht zu unterschätzen: 400 000 Euro hat der Verein seit seiner Gründung vor fünf Jahren aufgebracht, vor allem um den Aussichtsturm und den Salon im Turm-Erdgeschoss zu sanieren und mehrere Ausstellungsräume herzurichten. Unter anderem wird so an den Dichter Christian Morgenstern erinnert, dessen „Galgenlieder“ auf Trinkgelage in der Höhengaststätte zurückgehen. Vorträge, Lesungen und Konzerte werden veranstaltet, der Turm an jedem ersten Sonntag im Monat für Besucher geöffnet. Allein im vorigen Jahr hat der Verein 23 000 Euro Spendenmittel eingeworben.
Dass der Freundeskreis hier arbeiten darf, ist derweil nicht fixiert. Zwar hatte Vereinschef Mantz mit dem Rathaus im vergangenen Jahr einen Nutzungsvertrag ausgehandelt. Aber sein Vereinsvorstand lehnte den Entwurf mehrheitlich ab, die Verhandlungen wurden im September abgebrochen. Knackpunkt: Die Stadt wollte dem Verein kein weitreichendes „Nießbrauchrecht“, eine Art Erbpacht, für den Turm einräumen – sicher auch, um potenziellen Investoren für ihre Konzepte keine Steine in den Weg zu legen. Ein weniger verbindlicher Mietvertrag sah vor, dass sich der Freundeskreis mit dem Betreiber über seine Arbeit abzustimmen hat. Die Stadt wollte zwar bis zum Jahr 2037 keine Miete, benannte aber eine Kappungsgrenze für die Betriebskosten von monatlich 170 Euro. Dem Verein wurde zugesagt, im Fall der Kündigung seines Mietvertrages als Ausgleich 100 000 Euro aus der Stadtkasse zu zahlen.
Das alles fand im Vorstand des Freundeskreises keine Mehrheit. Auch am Mittwoch schien der Vorstand tief gespalten in der Frage, wie es weitergehen soll. Dieter Mantz sprach sich dafür aus, mit neuen Verhandlungen abzuwarten, bis die Stadt einen festen Betreiber für die Höhengaststätte gefunden hat. „Wir sind nicht Herrscher des Turms, wir müssen das gesamte Objekt im Blick haben“, sagte Mantz – dafür gab es nur verhaltenen Beifall der Mitglieder. Rechtsvorstand Michael Sommer sah das offenbar anders.
Er nahm die ausgehandelten Vertragsinhalte aufs Korn: „Wir wären verpflichtet, die Öffnungszeiten der Aussichtsplattform abzusichern. Aber nur, wenn es uns vom Betreiber gestattet wird.“ Bei seinen Veranstaltungen müsste der Freundeskreis schon jetzt zurückstecken, wenn Pietzner zum Beispiel den Salon belegt. Ein Nutzungsrecht für den Turm sei vom Bürgermeister bei der Vereinsgründung fest zugesagt gewesen, sagte Sommer – im Vertragsentwurf will er das nicht erkennen. Der Nutzungsvertrag soll nun – auf Sommers Antrag – den 142 Vereinsmitgliedern zugeschickt werden, sie sollen sich zum weiteren Verfahren äußern.
Aus der Perspektive des Rathauses hat der Verein die Verhandlungen ohne Angabe von Gründen abgebrochen, polterte Bürgermeister Große. „Wir haben keine Mitteilung erhalten, was eigentlich das Problem ist.“ Die Stadt wolle darauf achten, dass der Verein weiter arbeiten kann und besonders die Morgenstern-Ausstellung mehr Raum bekomme. „Aber der künftige Betreiber muss auch Geld verdienen können“, so Große. Dazu müssten die Raumnutzungen noch geklärt werden. Und dann brach es aus ihm heraus. Großes Frontalangriff war selbst dem moderaten Vereinschef Mantz zu viel. Nach dem Wortwechsel ergriff nur noch einer besonnen das Wort: Bruno Krause, mit 89 Jahren der Älteste im Freundeskreis: „Ich bitte darum, dass die Wogen wieder geglättet werden.“ Krause sei Dank: Nach der Versammlung wurden Mantz und Große beim versöhnlichen Gespräch an der Theke gesehen.
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