Potsdam-Mittelmark: „Entschuldigung angenommen“
Stadtverordnete thematisieren antisemitische Parolen an Carl-von-Ossietzky-Schule
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Werder (Havel) - Der Vorfall am 29. September an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule stand am Donnerstagabend auf der Tagesordnung der Werderaner Stadtverordnetenversammlung. Vier 15-Jährige sollen zwei Mitarbeiterinnen des Jüdischen Museums mit antisemitischen Schimpfwörtern angepöbelt haben. Besonders von Einem von ihnen sollen harsche Schmähungen gefallen sein. Die Museums-Mitarbeiterinnen waren für einen Aktionstag zum Thema „Jüdisches Leben seit 1945“ angereist. Der Staatsschutz ermittelt noch zum Verdacht der Volksverhetzung.
Bürgermeister Werner Große (CDU) nannte den Vorfall „nicht hinnehmbar“. Die Stadt und die Schule seien dadurch in einen Ruf gekommen, den man nicht verdient habe. So erinnerte Große an ein laufendes Schulprojekt über die Pogromnacht in Werder. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem habe dazu Unterlagen über frühere jüdische Mitbürger zur Verfügung gestellt. Im Ergebnis des Projekts soll nach Möglichkeiten gesucht werden, an jüdische Opfer des Holocaust in Werder zu erinnern – in welcher Form solle demnächst der Kulturausschuss diskutieren.
„An der Schule wird viel getan“, so der Bürgermeister. „Den Titel ,Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage’ hat sie nicht umsonst erhalten.“ Er habe sich persönlich beim Jüdischen Museum für den Vorfall im September entschuldigt. „Die Entschuldigung wurde angenommen und das Museum will weiter mit der Schule zusammenarbeiten“, so Große. Auch Schulleiterin Ines Amelung berichtete von einem Gespräch mit der Museumsleitung: „Ich soll den Stadtverordneten übermitteln, dass man keine Sekunde infrage gestellt hat, dass Werder ein Ort der Vielfalt ist und die Schule sich engagiert.“
Amelung betonte, dass nicht die Schule, sondern Schüler einen Fehler gemacht hätten. Alle vier hätten sich einsichtig gezeigt und mehrmals entschuldigt. „Sie ahnten nicht, was sie auslösen. Es tut ihnen unendlich Leid.“ Der Vorfall sei geahndet worden, wobei Amelung zum Schutz der Schüler nicht sagen wollte wie.
Verärgert zeigte sie sich, dass einige Medien über den Vorfall berichtet hatten, ohne auch die Schule zu befragen. „Auf der anderen Seite hat uns das alles gezeigt, dass wir starke Schüler und eine Elternschaft haben, die voll hinter der Schule steht.“ Schüler hätten sofort eine Konferenz einberufen, um sich von den Beschimpfungen zu distanzieren. Eltern hätten die Schule gegenüber der Presse in Schutz genommen. „Der Vorwurf, dass wir den Titel ,Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage’ zu unrecht tragen, ist auch nicht gerechtfertigt“, so Amelung. Allein in den vergangenen zwei Jahren habe es 50 Projekte dazu gegeben.
Der Stadtverordnete Baldur Martin nannte es „unerträglich, dass die Aussage eines pubertierenden Halbwüchsigen zum Anlass für eine Kampagne genommen wird“. Es erinnere ihn an die DDR-Zeit, wenn eine ganze Menschengruppe für Misstritte Einzelner in Haftung genommen wird. Er habe vor der Wende selbst mehrfach die Erfahrung gemacht. „Und ich habe nicht gedacht, dass so etwas wieder vorkommt.“ Henry Klix
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