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Von Henry Klix: Erdbeerernte ist ausbaufähig

Agrarministerium sieht Zukunft in „großen betrieblichen Anbauflächen mit intensiver Bewirtschaftung“

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Werder (Havel) - Die Ernte ist schweißtreibend, der Preis von rund 2,50 Euro pro Kilogramm verlockend. Im Supermarkt legt man oft das Vierfache hin. Mit dem offiziellen Start der Erdbeerernte hat gestern auch wieder die Selbstpflücke begonnen. Brandenburgweit lassen 17 Obsthöfe die Verbraucher auf ihre Äcker. Nach dem Bücken kann man sich strecken: Denn in vielen Höfen sind die ersten Süßkirschen reif, offizieller Erntestart ist am 14. Juni. Trotz der Trockenheit rechnen die Bauern in diesem Jahr mit durchschnittlichen Obsterträgen.

Zwar könnten die Erdbeeren etwas Abkühlung in Form leichter Schauer vertragen, wie Heiko Wels gestern sagte, auf dessen Glindower Hof eingeladen wurde. Starkregen und Gewitter würden die Früchte aber zerschlagen, langanhaltender Regen verderben, warnte Obstbauberater Manfred Lindicke. In Werder ist man deshalb froh, auf die von der Havel gespeisten Bewässerungsanlagen zurückgreifen zu können.

Im Agrarministerium sieht man derweil weiteren Optimierungsbedarf: Im vorigen Jahr lagen die Erdbeererträge pro Hektar in Brandenburg bei 3,7 Tonnen – im benachbarten Mecklenburg-Vorpommern schaffte man unter ähnlichen Bedingungen fast das Dreifache. Das Nachbarland füllte oft auch die hiesigen Regale, nur zehn Prozent der in Berlin-Brandenburg verbrauchten Erdbeeren wurden im vorigen Jahr auch hier geerntet. Erzeuger von der Ostsee wie „Karls Erdbeerhof“ sind inzwischen mit ihren Verkaufswagen bis nach Potsdam vorgedrungen.

Kleine märkische Direktvermarkter haben ihre Berechtigung, wie Agrarminister Woidke gestern betonte. Doch sein Ministerium sieht die Zukunft des Erdbeeranbaus in einem anderen Modell: „große betriebliche Anbauflächen mit intensiver Bewirtschaftung und einer aktiven Vermarktung über eigene Marktstände in den großen Einkaufszentren“, wie Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade es beschreibt. „Gelingt dies, bestehen gute Chancen für eine Ausdehnung der regionalen Produktion – auch in Zeiten von Verdrängungswettbewerb und Preisdruck.“

Der Spargelhof Klaistow geht diesen Weg. Während Heiko Wels von seinen 18 Hektar großen Anbauflächen 2 Hektar mit Erdbeeren bewirtschaftet, sind es bei Buschmann & Winkelmann in Klaistow 30 der 440 Hektar Anbaufläche. Die „Königin der Beeren“ macht neben Spargel und Blaubeeren 20 Prozent des Umsatzes aus, sagt Jörg Buschmann. In den vergangenen Jahren habe man die Fläche zwar wieder etwas zurückgefahren. „Dafür bewirtschaften wir jetzt intensiver und mit einer Tropfberegnungsanlage.“ Um die Saison zu verlängern, werden 2 Hektar Erdbeeren unter Folientunneln angebaut, deren Ernte begann Anfang Mai und ist fast abgeschlossen. Bei diesen Flächengrößen sind neben Selbstpflückern natürlich vor allem Saisonarbeiter gefragt.

Verstärkt werben will das Land künftig mit dem „kontrollierten, integrierten Anbau“, bei dem der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf ein Minimum beschränkt ist. Rund 80 Prozent der Obst- und Gemüseflächen im Land werden so umweltschonend und verbraucherfreundlich bewirtschaftet, auch auf dem Obsthof Wels und dem Klaistower Spargelhof. Der sperrige Begriff soll nun ersetzt werden, wie Jörg Kirstein vom Landesverband Gartenbau ankündigte, vielleicht einfach durch „naturnahe Produktion“.

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