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Potsdam-Mittelmark: Erinnerung an einen Forschungsreisenden

Denkmalgeschütztes Grabmal des Geographen und Chinaforschers Ferdinand von Richthofen gerettet

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Denkmalgeschütztes Grabmal des Geographen und Chinaforschers Ferdinand von Richthofen gerettet Von Kirsten Graulich Stahnsdorf. Mehr denn je sei der Stahnsdorfer Südwestkirchhof auf privates Engagement angewiesen, betonte Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt zu Beginn des gestrigen Pressegespräches. Erfreulicher Anlass waren die abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten am Grabmal von Ferdinand Freiherr von Richthofen (1833 – 1905). Möglich wurden die Arbeiten an dem denkmalgeschützten Wandgrab durch öffentliche Mittel der Stiftung Deutsche Klassenlotterie und großzügige Spenden der Nachfahren der Familie von Richthofen. Um das stark geschädigte Grabmal vor dem Verfall zu retten, waren 22200 Euro nötig, zwei Drittel davon spendete der Familienverband. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich das Grabmal in einem jämmerlichen Zustand befunden, erinnerte sich gestern Hermann Freiherr von Richthofen. Er ergriff 1990 im Familienverband die Initiative, um das Grabmal zu erhalten, das seit 1999 Eigentum des Friedhofsträgers ist, da die alten Nutzungsrechte abgelaufen sind. Ursprünglich befand sich das Erbbegräbnis des Geographen und Chinaforschers Ferdinand Freiherr von Richthofen auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Albert Speers „Germania“-Pläne erforderten 1938 eine Umbettung auf den Zentralfriedhof der Berliner Stadtsynode nach Stahnsdorf. „Die Umbettung geschah nicht sonderlich sorgsam“, wie Architekt Christoph Fischer vor der Restaurierung feststellte. Tempelfassade und Säulen waren verschoben, weil das Grabmal seinerzeit kein richtiges Fundament bekam, so Fischer. Bei der Rekonstruktion wurde nun das rückwärtige Mauerwerk ausgebessert und neu verputzt, ebenso die historische Dachkonstruktion wieder hergestellt. Ein Steinmetz bearbeitete die patinaverkusteten Marmorsäulen, allerdings sind Restspuren der Verwitterung noch erkennbar und gewollt im restauratorischen Sinn. Leider fehle der bildnerische Schmuck des Grabmales, beschrieb der Architekt ein Porträtrelief des Chinaforschers, das einst die Namensstele bekrönte. Auch zwei bronzene Schildkröten fehlen. Möglicherweise wurden diese außergewöhnlichen Bestandteile nach dem Zweiten Weltkrieg die Beute von Buntmetalldieben, vermutete Hermann Freiherr von Richthofen gestern. Die ehemals „säulentragenden“ Schildkröten spielten offenbar auf die in der Chinesischen Kunst häufig auftauchenden schildkrötenartigen Wesen (Bixi) an. Schildkröten stehen in der chinesischen Mythologie zudem für langes Leben, Stärke und Festigkeit. Erhalten blieben dagegen die Kapitelle aus getriebenem Kupferblech, die ebenfalls eine chinesisch-stilisierte Ornamentik aufweisen. Alle Symbole sollten anknüpfen an das Lebenswerk des Chinaforschers, der sieben Mal Asien bereiste und auch nach Japan und Siam kam. Auf sieben verschiedenen Wegen durchquerte er China und fasste seine detaillierten Beobachtungen in einem fünf Bände umfassenden Textwerk und einem China-Atlas zusammen. Nach dem Geographen wurde eine der Hauptketten des Nanschan „Richthofen-Gebirge“ benannt (Qilan Shan). Zudem war er der erste, der die Korallenriff-Natur der Dolomiten erkannte. Für eine der aufregendsten Handelsrouten kreierte er das Wort „Seidenstraße“. In Deutschland hatte von Richthofen mehrere Professuren inne: 1875 wurde er an die Bonner Universität berufen, 1883 an die Universität Leipzig und drei Jahre später ging er an die Berliner Universität. Im Auftrag der Preußischen Regierung begann er in Berlin, das erste Museum der Welt für Meereskunde einzurichten. Die Verwirklichung seiner kühnen Idee erlebte er nicht mehr, ein Jahr vor der Eröffnung am 5. März 1906, starb der Geograph und Forschungsreisende. Das historische Grabmal auf dem Stahnsdorfer Friedhof soll deshalb auch über die kulturgeschichtliche Grabanlage hinaus an den Wegbereiter der modernen Geographie erinnern. Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt sagte gestern: „Ich hoffe das Engagement der Familie von Richthofen hat Symbolcharakter und andere Familien folgen diesem Beispiel.“ Ihlefeldt nannte darüber hinaus auch die Möglichkeit von Patenschaften für eine historische Grabanlage. Zurzeit gebe es elf Interessenten für Patenschaften, berichtete Ihlefeldt den PNN von ersten Erfolgen.

Kirsten Graulich

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