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Potsdam-Mittelmark: Erster Vor-Ort-Termin auf Nuthewiesen

Der neue mittelmärkische Naturschutzbeirat hat seine Arbeit aufgenommen

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Der neue mittelmärkische Naturschutzbeirat hat seine Arbeit aufgenommen Von Hagen Ludwig Potsdam-Mittelmark - Gummistiefel, Regenjacke, Kopfbedeckung: Die Mitglieder des neuen mittelmärkischen Naturschutzbeirates waren gut gerüstet, als am späten Dienstagnachmittag ein Hagelschauer über den Drewitzer Nuthewiesen niederging. Im Februar sind die sieben Männer offiziell auf der Kreistagssitzung berufen worden, jetzt trafen sie sich zum ersten Mal in der freien Natur. Die Wahl des Ortes lässt sich leicht erklären: Neuer Vorsitzender des ehrenamtlichen Beirates ist der Landschaftsplaner Wolfgang Linder aus der Gemeinde Nuthetal. Seit 1995 war er maßgeblich an der Renaturierung der Drewitzer Nuthewiesen beteiligt. Jetzt stellte er seinen Beiratskollegen das fast vollendete Projekt vor: als Beispiel einer gelungenen Ausgleichsmaßnahme für ein großes Bauvorhaben an anderer Stelle. Treffpunkt für den Vor-Ort-Termin war unweit von Autobahn und neuer Drewitzer Umgehungsstraße hinter den Hallen eines Getränkehandels. Hier war zu DDR-Zeiten das Lager für die IntershopKette – relativ zentral aber doch etwas abseits und damit gut zu bewachen. Früher noch hatte dort die Nuthe ihren ursprünglichen Lauf, doch ihr altes Bett wurde mit Bauschutt verfüllt. Schnurstracks verläuft seitdem der Fluss bei Rehbrücke in Richtung Landeshauptstadt. Drei Kilometer der einstigen Altarme zwischen Rehbrücke und Drewitz wurden jetzt wieder freigelegt, plätschern munter dahin und geben mit den weitläufigen Wiesen ein reizvolles Landschaftsbild. Doch es gehe bei weitem nicht nur um die Optik, so Linder. Mit der Renaturierung werde der Grundwasserspiegel erhöht, und auf landwirtschaftlich nicht geeigneten Flächen entstehen Biotopschutzflächen. Nicht zuletzt sollen die Fische von der Maßnahme profitieren. Für sie wurden spezielle „Treppen“ errichtet, über die sie die Altarme flussaufwärts schwimmen können. Mit Bedacht gelegte Steine regeln die Fließgeschwindigkeit der verschlungenen Bäche. Doch kaum gelegt, seien sie an einer Stelle bei Drewitz von Unbefugten schon wieder verrückt worden – mit schwerem Gerät, ärgert sich Linder. Der Naturschutzbeirat will der Sache nachgehen. Insgesamt 90 Hektar umfasst die Renaturierungsfläche im Verantwortungsbereich der Landeshauptstadt und des Landkreises Potsdam-Mittelmark. Bezahlt wurde die Maßnahme von der Firma Euromedien als Ausgleich für Baumaßnahmen in der Medienstadt Babelsberg. Was bleibt noch zu tun, wie kann die künftige Pflege am besten geregelt werden? Zu solchen Fragen konnten die Mitglieder des Naturschutzbeirates ganz spezifische Ratschläge geben. Sie kommen aus verschiedenen Branchen und aus den unterschiedlichsten Regionen des Landkreises. Marek Rothe aus Lütte arbeitet als Dezernatsleiter für Forstwirtschaft, der Biologe Carsten Hinnerichs ist Spezialist für Ornithologie und der Töplitzer Ulfried Zinnow ist als Landwirt und Jäger mit der Natur verbunden. Mit Insekten kennt sich Heinrich Hartong bestens aus. Joachim Lang aus Schenkenberg hat sich besonders der Flora verschrieben und Norbert Thäle kann seine Erfahrungen aus dem Naturpark Nuthe-Nieplitz einbringen. „Fachlich und regional eine gute Mischung“, betonte Landrat Lothar Koch vor dem Kreistag. Gute Voraussetzungen also für fundierte Ratschläge, auf die man im Landratsamt nicht verzichten will. So sollen die ehrenamtlichen Beiräte dazu beitragen, Fehlentwicklungen in Natur und Landschaft entgegenzuwirken und der Öffentlichkeit die Absichten und Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu vermitteln. Zudem muss der Beirat in die Vorbereitung aller wichtigen Entscheidungen der Naturschutzbehörde einbezogen werden. Solche wichtigen Entscheidungen sind zum Beispiel Befreiungen von den Schutzgebiets-Verordnungen oder Bauleitpläne. Das so genannte qualifizierte Einspruchsrecht wurde den brandenburgischen Naturschutzbeiräten jedoch im vergangenen Jahr per Gesetzesnovellierung entzogen. Demnach musste bei einem Einspruch des Beirates gegen eine Entscheidung der Verwaltung der entsprechende Fall zur abschließenden Klärung dem Umweltministerium vorgelegt werden. Aus Protest gegen diese Kompetenzbeschneidung war im September 2004 der komplette mittelmärkische Naturschutzbeirat zurückgetreten. Doch zurückgezogen haben sich die früheren, gestandenen Mitglieder nicht. So waren auch der einstige Vorsitzende Gerhard Casperson aus Kleinmachnow und Peter Ernst aus Güterfelde auf den Nuthewiesen wieder mit dabei – wenn auch nur als Gäste des Beirates.

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