
© A. Klaer
Potsdam-Mittelmark: Es hat sich vorerst ausgesponnen
Eichenprozessionsspinner in der Region erfolgreich bekämpft, Hubschrauberflüge kaum noch notwendig
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Potsdam–Mittelmark - Sie kriechen nicht mehr die Baumstämme entlang, nagen keine saftigen Blätter an und reizen mit ihren giftigen Haaren weder Mensch noch Tier. Im Potsdamer Umland und auch in Potsdam kann man in diesem Jahr wieder entspannter durch die Natur streifen: Dem Eichenprozessionsspinner ist im vorigen Frühjahr erfolgreich der Garaus gemacht worden, wie aktuelle Analysen der Forstverwaltung zeigen. Hubschraubereinsätze, wie im vorigen Jahr in Schwielowsee oder Potsdam, werden voraussichtlich kaum noch nötig sein.
„Wir haben 80 bis 90 Prozent bekämpfen können“, sagt Michael Kopka, der für den Landesbetrieb Forst die Bekämpfung leitet. „Unsere Ergebnisse decken sich mit der Umfrage bei den Ärzten.“ Demnach habe das Gesundheitsministerium zum Jahresende bei Ärzten in Potsdam und Potsdam-Mittelmark nachgefragt, wie viele Patienten sich wegen der giftigen Raupenahaare haben behandeln lassen. Waren es Ende 2012 noch 1854 Patienten, so schrumpfte die Zahl ein Jahr später auf 489. Der Großeinsatz habe sich gelohnt, so Kopka.
In diesem Jahr müssen in der Potsdamer Oberförsterei, zu der die Reviere Potsdam, Beelitz, Güterfelde, Michendorf, Ferch und Borkwalde gehören, rund 48 Hektar Waldfläche bekämpft werden. Im vergangenen Jahr waren es rund 2000. Besonders in Schwielowsee, einem Schwerpunkt des Befalls, muss nochmals geflogen werden. Laut Förster Alexander Böttiger seien bisher Flüge über den Wald nahe der Autobahnanschlussstelle Ferch, hinter dem Bahnhof Lienewitz, aber auch in Leest bei Werder (Havel) und in Fahrland vorgesehen. Die Flächen hätten im vergangenen Jahr nicht überflogen werden können, so Böttiger, da es an den Einsatztagen zu windig gewesen sei. Unklar ist bisher noch, wann die Überfliegung stattfinden werde. Derzeit sei man noch in Abstimmung mit dem Land.
Auf Ebene der Landesregierung besteht seit anderthalb Jahren eine Task Force. Unter Federführung des Landwirtschaftsministeriums analysiert eine interministerielle Arbeitsgruppe den Befall und koordiniert die Vorbereitungen für weitere Maßnahmen. Erst im Februar oder März eines jeden Jahres kann abgeschätzt werden, wie viel gemacht werden muss. Dafür wurden in den vergangenen Wochen die laubfreien Baumkronen der Eichen von den Förstern unter die Lupe genommen. Hat der Eichenprozessionsspinner überlebt, legt der Falter im Winter seine Eier ab. Von den Bäumen, an denen Eier entdeckt werden, schneiden die Förster Zweige ab und schicken sie ins Labor.
„Das ist nicht einfach, die Eier zu entdecken“, sagt die Waldschutzexpertin Katrin Möller vom Forstkompetenzzentrum Eberswalde. Die Schmetterlinge verfilzen ihre Eier, um ihren Nachwuchs zu tarnen. So seien sie fast nicht auszumachen. Einmal entdeckt, werden sie bei warmen Temperaturen im Labor untersucht. „Wir ziehen den Frühling vor und lassen sie in sieben Tagen schlüpfen“, erklärt Möller.
Die Waldschutzexpertin analysiert, wie viele der Raupen schlüpfen und ob sich die Population verändert hat. Nach wie vor entwickeln sich in den unbehandelten Bäumen die Raupen prächtig: „Sie sind sehr vital“, sagt Möller. Die Schlupfrate liege bei 100 Prozent.
Die Ausbreitung der Raupe kann man auch an ihrem Hunger erkennen. Dafür untersuchten die Förster bereits im Juli, wenn der Baum in vollem Blättergewand steckt, das vorhandene Grün. Je nach Blattmasse wird unterteilt in geringen, merklichen oder Kahlfraß. Die Daten werden an das Forstkompetenzzentrum geschickt. Dort werden Karten für ganz Brandenburg erstellt – Fraßkartierung nennt sich das. Nimmt man die Daten zum Fraß und den Orten mit den Nestern zusammen, weiß man, wo bekämpft werden muss.
Auch wenn in diesem Jahr das Potsdamer Umland und die Landeshauptstadtvon der Raupe mit ihren giftigen Haaren verschont bleibt, kann Michael Kopka vom Landesbetrieb Forst keine Entwarnung geben. Die zehn bis zwanzig Prozent, die im vergangenen Jahr nicht beaprüht wurden, würden sich gut entwickeln. Bei der hohen Schlupfrate der Raupen würde das bedeuten, dass sich alle drei bis vier Jahre die Population wieder extrem vermehren könnte. „Wir behandeln auch nicht prophylaktisch, sonst bildet die Raupe Resistenzen“, so Kopka.
Erschwerend komme hinzu, dass die Nachfalter in der Region fast keine natürlichen Feinde habe. Schlupfwespen, Fledermäuse oder der Kuckuck könnten das haarige Insekt vernichten. „Unser Ökosystem muss den Feinden auch die Chance geben, sich auszubreiten, sonst werden die Raupen nie auf natürliche Weise gefressen“, sagt Waldschutzexpertin Möller.
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