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Monika Rosenkranz im Township in Kapstadt mit einem der Mädchen.

© Privat

Geltower helfen Kindern in Kapstadt: "Es ist eine unglaubliche Liebe"

Die Geltower Monika und Bernd Rosenkranz helfen seit zehn Jahren Kindern im Township Manenberg in Kapstadt. Sie erleben zerrüttete Familien, aber auch Erfolgsgeschichten.

Von Enrico Bellin

Geltow - Die selbst aufgenommenen Fotos von Elefanten, Nashörnern, einem Leoparden und Giraffen zieren eine komplette Wand der geräumigen Wohnküche. Vor der Balkontür, hinter der der Petzinsee in der Sonne glitzert, liegt ein Zebrafell. „Keine Angst, das Tier ist eines natürlichen Todes gestorben, man sieht noch die Kampfspuren“, sagt Monika Rosenkranz. Gemeinsam mit ihrem Mann Bernd bewohnt sie dieses Stück Afrika in Geltow. Beide kennen jedoch nicht nur die idyllischen Seiten Südafrikas: Seit zehn Jahren engagieren sie sich in einem Zentrum für Kinder im Kapstädter Township Manenberg, welches sie mit aufgebaut haben. Rund 150 Kinder werden dort täglich nach der Schule und in den Ferien betreut.

Das Paar war im Jahr 2008 aus Wildpark-West nach Kapstadt gezogen. Der 65-jährige Mediziner Bernd Rosenkranz wurde Professor für Klinische Pharmakologie an der Kapstädter Stellenbosh-Universität. Sein Spezialgebiet ist die Arzneimittelentwicklung, für die er in Kapstadt inzwischen eine eigene Akademie gegründet hat. 2017 zog er mit seiner Frau an den Petzinsee. Neben der Akademie-Leitung ist er Gastforscher der Berliner Charité und Dozent der Fresenius-Hochschule in Wiesbaden. Und ganz nebenbei organisiert er noch einen Weltkongress zur Modellierung medizinischer Daten kurz vor Ostern in Kapstadt. „Dann werden wir wieder zwei Monate vor Ort sein und natürlich in das Center gehen“, so Rosenkranz. „Wir sitzen nicht nur hier und sammeln das Geld, wir sind auch vor Ort.“

Neben neuen Stadien hungerten die Kinder

Start für das Projekt war im Jahr der Fußball-WM 2010. Im Land waren neue Stadien gewachsen. „Doch die Kinder im Township sind zum Priester gekommen, weil sie schlicht Hunger hatten“, sagt Monika Rosenkranz. Der Priester hat im Freundeskreis nach Hilfe gefragt, so ist das Paar zum Projekt gekommen. „Wir haben mit dem Priester angefangen, Lebensmittel in einer Garage zu sammeln“, sagt Bernd Rosenkranz. Inzwischen gibt es ein Township-Zentrum in den Räumen der Katholischen Kirche vor Ort. 
Aus einer kleinen Gemeinschaft, in der man alles auf Zuruf habe regeln können, sei im bitterarmen Township inzwischen ein Verein gewachsen. Zehn Mitarbeiter betreuen dort Kinder oder kochen ihnen Essen, ein Manager koordiniert die Arbeit. Neben Musikgruppen und anderen Freizeitangeboten werden unter anderem Ausflüge organisiert. Im vergangenen Jahr etwa haben sie den Kindern zunächst erklärt, wie sich Plastikmüll in der Umwelt ablagert. Anschließend ging es zum Strand, wo die Gruppe 40 Säcke voll Müll gesammelt habe. 

Erst nach drei Monaten fing ein Besucher an zu reden

Die Entwicklung der Kinder zu sehen begeistert das Paar. Monika Rosenkranz zeigt voller Stolz das Bild eines Jungen, der vor zehn Jahren einer der ersten Kinder im Projekt war und inzwischen das afrikanische Pendant zum Abitur abgelegt habe, bald fange er an zu studieren. „Als er ankam, hat er kein Wort gesprochen. Er besuchte die Gitarrengruppe, erst nach drei Monaten hat er angefangen zu reden“, so die 71-Jährige.

Der Stadtteil gilt als gefährlich. Bernd Rosenkranz zufolge versuche man seit Monaten vergebens, eine Sozialarbeiterin einzustellen. „Wenn Kapstädter den Arbeitsort lesen, sind sie dadurch abgeschreckt.“ Allein seit Oktober sei vier Mal in die Räume des Zentrums eingebrochen worden. Die Sicherheitstür vor dem Büro hätten die Einbrecher glücklicherweise nicht überwinden können. Die Kinder im Township kennen Monika Rosenkranz zufolge kein geregeltes Familienleben. Jeder sei auf sich allein gestellt. Traurig machte sie der Fall eines neunjährigen Jungen, der eines Tages nicht mehr ins Zentrum kam, woraufhin sie ihn zu Hause besucht habe: „Er war unter Drogeneinfluss vor ein Auto gelaufen und hatte schwere Kopfverletzungen. Er wohnte bei seiner Oma, die ihm nur ein Handtuch umgewickelt hatte.“ Sie habe dann dafür gesorgt, dass der Junge ins Krankenhaus kommt. Er hat überlebt. 

Eines der Mädchen wurde vergewaltigt und getötet

Doch auch Todesfälle mussten die beiden Ehrenamtler schon erleben: Eines der Mädchen, das regelmäßig zum Projekt kam, ist vor zwei Jahren von ihrem Onkel zunächst vergewaltigt und dann ermordet worden. „Das war eine schreckliche Geschichte“, so Monika Rosenkranz. Es habe alle mitgenommen, für die Kinder, die sie kannten, wurde im Zentrum psychologische Betreuung angeboten. Immerhin habe Rosenkranz den Onkel vor Gericht bringen können, er sei zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Beim Erzählen von ihrer ehrenamtlichen Arbeit bleibt das Geltower Paar, das sich vor 37 Jahren in der katholischen Gemeinde in Stuttgart kennengelernt hat und seither auf mehreren Kontinenten gewohnt hat, stets bescheiden. „Wir profitieren sehr von den Kindern. Es ist eine unglaubliche Liebe, die sie einem entgegenbringen“, so Monika Rosenkranz.

Seit Januar ist Rosenkranz auch Flughafenseelsorger

Bernd Rosenkranz engagiert sich seit Januar neben dem Projekt in Kapstadt auch in der Region: Er ist einer von 40 ehrenamtlichen Berliner Flughafenseelsorgern, zwei bis drei Mal pro Monat ist er mehrere Stunden auf dem Schönefelder Flughafen unterwegs. Von August bis November war er dafür regelmäßig zur Schulung, hat gelernt, wie man Hilfsgespräche richtig aufbaut und in kritischen Situationen handeln soll. „Wir drängen uns nicht auf“, so der 65-Jährige. Aber sowohl Passagiere als auch Mitarbeiter können stets zu den Seelsorgern kommen, die sich auch bei der Polizei und der Terminalleitung anmelden und mit einem Spezialausweis überall auf dem Flughafen gehen dürfen. „Wir bringen etwa Menschen, die wir betreut haben, direkt bis ins Flugzeug.“ Ohne Bordkarte kommt dort sonst niemand hin.

Ende Mai geht es auf den BER

Einem Engländer, der keine Bordkarte dabeihatte und dessen Handyakku leer war, hat Rosenkranz bisher im Seelsorgebüro geholfen. Ein Großteil der Leistungen sei die Kontaktvermittlung. „Wir betreuen keine Angehörigen nach einem Flugzeugabsturz, da kommen Profis ran“, so Rosenkranz. 

Für drei Jahre ist er zunächst berufen worden. Er selbst geht davon aus, ab dem 31. Oktober auf dem BER zu arbeiten. Im Gegensatz zu Schönefeld alt und Tegel gibt es dort eine Kapelle, in der sie etwa auch Pilgern vor dem Flug den Segen geben können. Um sich auf dem Flughafen zurechtzufinden, werden die Seelsorger noch geschult. Das erste Mal wird er Ende Mai den BER sehen, nachdem er vom Herzensprojekt aus Kapstadt zurück ist.   

Spendenkonto: Verband der Diözesen Deutschlands/Katholisches Auslandssekretariat Bonn, Verwendungszweck Deutschsprachige Katholische Gemeinde Am Kap „Manenberg Aftercare Centre Kapstadt“, IBAN DE 7237 0800 4002 1140 2100, SWIFT-BIC DRESDEFF 370
 

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