Potsdam-Mittelmark: Etagen in die Vergangenheit
Mit „Zeitsprünge Werder“ stellte Stadtchronist Baldur Martin gestern sein achtes Buch vor
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Werder - Maiblumen, Beerenobst, darüber Pfirsiche und Schattenmorellen, dann Pflaumen und Äpfel und ganz oben Süßkirschen und Birnen – vier Jahrzehnte prägte der Etagenobstbau die Werderaner Obstflur. Heute baut man in Hecken und Spalieren an, die Früchte können ohne hohe Leitern schonend gepflückt werden. Vergleicht man ein Foto der Kassinschen Plantage aus den 1920er Jahren mit der Gegenwart, wird schnell klar, um wie vieles leichter die Arbeit der Obstbauern geworden ist.
Über die „wunderbaren Menschen“ von einst und jetzt freut sich Werders Stadtchronist Baldur Martin in seinem achten Buch. Er hat 80 Bildpaare von damals und heute nebeneinander gestellt und kommentiert. Gestern wurde das Buch vorgestellt, das in der heimathistorischen „Zeitsprünge“-Reihe des Sutton-Verlags erscheint.
In vier Themenfeldern widmet sich Martin den Bereichen des städtischen Lebens. Unter dem Stichwort „Lebendige Stadt“ beispielsweise wird der Wandel in der Altstadt sichtbar: Die Sanierungserfolge seit der Wende überstrahlen die schwammbefallenen Häuser und Kohlehaufen der DDR-Straßen. In anderen Bildpaaren erschließt sich, was verloren ging: Das typisches Vorstadthaus der Obstzüchter mit Simsen, Putzgliederungen, Fensterläden und Spalierobstgirlanden im Vorgarten ist der zweckmäßigen Iso-Fassade mit Verbundglasfenstern und Pflasterstreifen gewichen.
Dennoch: Für Baldur Martin ist das Buch einmal mehr eine Liebeserklärung an die Stadt, in der der gebürtige Erzgebirgler seit 40 Jahren lebt. Seine Bücher sind gemeinhin schnell vergriffen, ob die Werder-Chronik von 1992 oder die letzte Kooperation mit dem Sutton-Verlag „Menschen und Ereignisse in Werder“. Auch der 900er „Zeitsprünge“-Auflage wird sicher bald eine zweite folgen.
Alle Fotos in dem Werk sind bislang unveröffentlicht. Bei seiner neuerlichen Durchforstung des Stadtarchivs stieß Martin auch auf Überraschungen: Eine ist ein Foto von 1984 vom ehemaligen Militärflugplatz, das russische Panzerfahrzeuge auf dem Weg zur Parade zeigt. Dem gegenübergestellt sind im Kapitel „Erfreuliches Wachstum“ Einfamilienhäuser, die inzwischen in den Havelauen entstehen.
Mit dem Komiker Eberhard Cohrs im „herrlichen Ambiente“ der Friedrichshöhe, der Faschingsfeier in der Gartenbauschule oder Pflasterarbeiten in den 80er Jahren nähert sich Martin sonst eher vorsichtig den DDR-Jahren der Stadtgeschichte. Der Sutton-Verlag habe ihm auch eine Publikation in der Reihe „Bilder aus der DDR“ angeboten, doch die Wiedererkennung auf Jugendweihebildern und sozialistische Taufen sei in Werder noch nicht unbedingt erwünscht, der Kooperationswille mäßig. Da mag die Kundgebung zum 30. Jahrestag der DDR schon ein Wagnis gewesen sein.
Das Buch mit dem Titel „Werder Zeitsprünge“ ist für 17,90 Euro in Werders Buchhandlungen und in der „Kleinen Weltlaterne“ erhältlich oder unter ISBN-13 978-3-86680-001-04 zu bestellen.
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