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Potsdam-Mittelmark: Etwas Glindow in Berlin

Heimatverein feiert 20-jähriges Bestehen

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Werder (Havel) - Der Begriff Büdnerhaus kommt vom Wort Bude, was ahnen lässt, dass es sich um ein sehr kleines Anwesen handelt. Ein solches Büdnerhaus ist seit 1997 das Domizil des Glindower Heimatvereins, der am Samstag sein Jubiläum feierte. Die letzte Besitzerin des Hauses vererbte ihr Haus dem Verein, um darin eine Heimatstube einzurichten.

Jedes Jahr wird dort mit Sonderausstellungen die 800-jährige Ortsgeschichte von einer anderen Seite beleuchtet. Im Laufe der Jahre hat sich im Büdnerhaus viel angesammelt: So widmete sich eine Ausstellung den Brautmoden und seither gehört zur Sammlung auch ein schwarzes Hochzeitskleid aus Seidenrips, das etwa hundert Jahre alt ist. Schwarze Brautmode kam im 16. Jahrhundert auf, weil schwarze Kleider praktisch waren. Sie konnte man leicht reinigen und zu jedem Anlass tragen. Von einer Ausstellung zum Thema Schule stehen noch Schiefertafel, Lederranzen, eine alte Schulbank und Hefte mit akkurater Sütterlinschrift.

„Einen Besucheransturm hat das Museum mit der Puppenausstellung erlebt“, sagt Edelgard Baatz vom Glindower Heimatverein. Puppenhäuser, Kaufmannsläden, Puppenwagen und natürlich viele Puppen waren zu sehen. Die meisten waren Leihgaben, einige der Miniaturprachtstücke können noch heute im Museum bewundert werden. Besonders entzückt sind Besucherinnen von den Bisquet-Porzellanpupen, deren bewegliche Augen lange Wimpern umrahmen.

Dass es in Glindow einmal sechs Frisöre, sechs Schuhmacher und sechs Bäcker gab, ist auch längst Geschichte. Handwerke wie Hutmacher, Stellmacher, Müller und Böttcher sind ausgestorben. Aber die Ausstellung weiß auch von Handwerksbetrieben zu berichten, die sich allen Schwierigkeiten zum Trotz über Generationen behaupten konnten. Das beste Beispiel liefert die Familie Weinhardt: Angefangen hatte es mit Leopoldt, einem Klempner aus Genthin, dem nicht nur Werder gefiel, sondern auch ein Mädchen, das er 1886 heiratete. Sein Sohn errichtete in Glindow eine Werkstatt. Heute firmiert der Betrieb in fünfter Generation unter Torsten Weinhardt mit Installation und Heizungsbau.

Besucher erfahren auch, dass in vielen Berliner Bezirken ein Teil von Glindow steht, denn die Ziegel, die dort verbaut wurden, kamen einst per Schiffstransport aus der Glindower Ziegelei. Rund 23 Billionen Ziegel wurden so zwischen 1830 bis 1910 über das weit verzweigte Wassernetz in umliegende Städte gebracht. Seit dem 15.Jahrhundert ist die Ziegelherstellung in Glindow Tradition, die Theodor Fontane einst als „frondiensthafte Tätigkeit“ beschrieb. Oft war die ganze Familie damit beschäftigt, die meistens in einem Büdnerhaus wohnte. Die Dienste für Berlin hinterließen Spuren, und zwar Abraumhalden. Die so entstandenen „Glindower Alpen“ besteigen heute Berliner Touristen – ein schönes Thema für die nächste Ausstellung im Heimatmuseum. Kirsten Graulich

Das Museum, Kietz 3, ist am Wochenende jeweils von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Kirsten Graulich

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