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Potsdam-Mittelmark: Europameister der leisen Art

Dirk Grünberg aus Bergholz hat mit seinen Huskys gerade den dritten Titel gewonnen. Am wohlsten fühlt er sich in der Stille des Waldes

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Dirk Grünberg aus Bergholz hat mit seinen Huskys gerade den dritten Titel gewonnen. Am wohlsten fühlt er sich in der Stille des Waldes Von Volker Eckert Nuthetal - Um Dirk Grünberg zu finden, muss man Bergholz fast schon wieder verlassen. Das letzte Haus in der Schlüterstraße, schon hinter dem Bahndamm, wo der Wald beginnt, dort wohnt der 37-Jährige mit Freundin und Eltern – und einem Dutzend Schlittenhunden. Er sagt: „Ich würde eigentlich gern noch zurückgezogener leben.“ Doch eine gewisse Öffentlichkeit kann Grünberg inzwischen nicht mehr vermeiden, am Wochenende hat er mit den Schlittenhunden seinen mittlerweile dritten EM-Titel geholt. Aus der Begeisterung für die Tiere, die Grünberg von seinem Vater geerbt hat, ist mittlerweile ein Leistungssport geworden. Denn die Laufarbeit müssen bei diesem Sport nicht nur die Hunde machen. Wenn es bergauf geht, dann steigen die Schlittenlenker auch mal ab, um die Tiere zu entlasten. Also muss sich Grünberg auch läuferisch fithalten, sogar an einem Marathon hat er schon teilgenommen. Im polnischen Jakoszyce war allerdings angesichts der Schneemassen an Absteigen nicht zu denken, ohne zu versinken. Und so ist Dirk Grünberg trotz seines Triumphs inzwischen ganz froh, dass der Wettkampf vorüber ist und mit ihm die ganze Saison: „Ich freue mich jetzt auf den Frühling.“ Sieben Wochen war er diesen Winter für Wettkämpfe und Training unterwegs. Ab jetzt hat er wieder „mehr Zeit“ – genaueres ist über sein Privatleben nicht zu erfahren. Die Hunde haben für Dirk Grünberg schon immer zum Leben dazugehört, auch beruflich: Er betreibt eine Hundeschule mit Pension. In den 80er Jahren hatte die Familie mehrere Rottweiler, die Grünberg und sein Vater auf zum Beispiel auf Fährtenarbeit abrichteten. Richtig gut waren sie aber nicht, außerdem stand ihm der Sinn irgendwann nach etwas temperamentvolleren Tieren. So kam die Idee mit den Huskys. Das war 1994. Sein Vater schlug vor, gleich richtig einzusteigen: ein ganzes Team zu kaufen und Rennen zu fahren. Fünf Hunde wurden eingekauft, für durchschnittlich 750 Euro pro Tier. Ein altes Mofa funktionierten sie zum Schlittenersatz um. Der Schnee reicht in dieser Gegend ja nicht aus, den ganzen Winter auf Kufen zu trainieren. Im folgenden Jahr nahm Grünberg dann zum ersten Mal an internationalen Rennen teil und belegte auf Anhieb den zweiten Platz. „Da haben die andern schon geguckt“, sagt Grünberg und lächelt. Seitdem hat sich das Familienunternehmen Huskyrennen weiter professionalisiert. Mehr Hunde wurden gekauft und gezüchtet, außerdem neue Schlitten, von denen der teuerste 2000 Euro wert ist. Die Hundeschule hat bisher genug abgeworfen, um den teuren Sport zu finanzieren. Doch mit dem zunehmenden Erfolg macht Grünberg sich auch Hoffnungen, einmal einen Sponsor zu finden. Großen Anteil an dem Erfolg hat auch der Vater, der sich mit um die Tiere kümmert und taktische Ratschläge gibt. Besonders schwierig ist die Umstellung von der 17-Kilometer-Kurzstrecke im Januar auf die 40 Kilometer einige Wochen später. In der kurzen Zeit, die Kondition aufzubauen, die Tiere dazu zu bringen, langsamer anzugehen. Dabei sind für Dirk Grünberg die Rennen nicht das wichtigste an dem Sport, sondern das Erlebnis der Natur im Training. Vor der EM war er zwei Wochen im Riesengebirge, ist durch Gegenden gefahren, wo wochenlang kein Mensch entlang kommt: „Da hört man nur noch das Hecheln der Hunde, kein Motor, kein Gequietsche.“ Die meisten Tiere in Grünbergs Team sind Weibchen. Kommentar des Vaters: „Die sind pflegeleichter und ehrgeiziger – wie bei den Menschen.“ Trotzdem bekommen sie vom Sohn sehr viel Aufmerksamkeit. Zum Beispiel wenn eins krank wird, wie gerade bei der EM geschehen: „Da macht man sich Sorgen und lauscht auf jeden Huster.“ Für einen solchen Fall ist Grünberg mit allerlei Naturheilmitteln ausgerüstet – man muss aufpassen, dass man nichts von der Dopingliste gibt. Die Verantwortung, die Dirk Grünberg für seine erfolgreiche Truppe verspürt, lässt sich auch an einem andern Satz ablesen: „Ich fühle mich ein bisschen wie der Trainer einer Kinderfußballmannschaft.“

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