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kleinmachnow: Familienvater entführt Vierjährige

Es ist der Alptraum aller Eltern: Das Kind in den Händen eines Unbekannten. Qualvolles Warten zwischen Hoffen und Bangen. Knapp ein halbes Jahr später muss sich der Mann vor Gericht verantworten, der einer Familie aus Kleinmachnow solches Leid zufügte.

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Kleinmachnow/Potsdam  - Dramatischer geht es kaum: Vor der eigenen Haustür entreißt ein maskierter Mann der Mutter ihre vierjährige Tochter. Mehr als 13  Stunden müssen Vater und Mutter bangen. Am späten Abend kehrt das Kind äußerlich unbeschadet nach Hause zurück - und die Polizei fasst den mutmaßlichen Entführer. Ab diesem Montag (1. August/09.30) soll sich der 45-Jährige vor dem Landgericht Potsdam verantworten. Knapp ein halbes Jahr nach dem Drama von
Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) will die 4. Strafkammer die Hintergründe der Tat klären. Drei Tage hat das Gericht dafür zunächst geplant, so ein Sprecher. Das Urteil könnte Richter Andreas Dielitz bereits am 5. August sprechen.
 
Die Staatsanwaltschaft Potsdam wirft dem angeklagten Berliner Geschäftsmann erpresserischen Menschenraub und schwere räuberische Erpressung vor. Er war unmittelbar nach dem glimpflichen Ende der Entführung am 10. Februar festgenommen worden und ist seitdem in Untersuchungshaft. Nach den Ermittlungen hat der Mann die Vierjährige nach der Zahlung von 60 000 Euro Lösegeld freigelassen.

Der mutmaßliche Täter ist selbst Vater dreier junger Kinder. Nach allem was bislang bekannt ist, war er zu dem entführten Kind nett. Das Mädchen bekam zu essen, hatte im Auto Spielzeug, und zwischendurch ging der Mann mit dem Mädchen spazieren. „Nach allem, was wir wissen, hat es die Entführung unbeschadet überstanden“, berichtete Polizeipräsident Rainer Kann nach der Befreiung. Auch Fotos von der Vierjährigen zeigen ein unbeschwertes Mädchen. Zumindest vordergründig scheint die Vierjährige das Entführungsdrama gut überstanden zu haben.

Sie wird die Stunden vor Gericht nicht erneut beschreiben müssen. Bislang ist nicht geplant, das Mädchen als Zeugin zu vernehmen. Der Angeklagte hat bereits nach seiner Festnahme ein Geständnis abgelegt. Auch im Prozess will er nun aussagen, berichtet sein Anwalt Karsten Beckmann. Damit wolle sein Mandant dem Opfer die Aussage ersparen.

Als Motiv für die Tat hatte der 45-Jährige nach der Festnahme finanzielle Probleme angegeben. Der geschiedene Familienvater hatte mit mäßigen Erfolg eine Confiserie und einen Tierfutterladen in Berlin betrieben. Dass er zu einer Kindesentführung fähig sein könnte, hätte niemand in seinem Umfeld für möglich gehalten. Auch er selbst ist erstaunt. „Er kann es selber nicht ganz begreifen, wie er das tun konnte“, schildert sein Verteidiger.

Die Familie hatte sich der Angeklagte nach eigenen Angaben ausgesucht, weil die Bewohner der Neubausiedlung in der knapp 19 600 Einwohner zählenden Gemeinde allgemein als besserverdienend gelten. Als die Mutter am 10. Februar ihre Tochter zur Kita bringen wollte, schnappte sich der Maskierte das Mädchen. Er bedrohte die Mutter mit einer Sichel und drückte ihr den Zettel mit einer Lösegeldforderungen in die Hand. Es begann ein Nervenkrieg, der neben der Familie rund 530 Polizeibeamte etwa 13 Stunden in Atem hielt. Medien bekamen Wind von der Suche nach dem Kind - doch sie verpflichteten sich zu schweigen, bis es wohlbehalten wieder zu Hause war.

Dem 45-Jährigen drohen nun fünf bis 15 Jahre Haft. Er hat nicht nur der Familie des Opfers schweres Leid zugefügt, sondern auch seiner eigenen. Derzeit gebe es nur schriftlich Kontakt zu den Angehörigen, berichtet Rechtsanwalt Beckmann. Sein Mandant hoffe aber, dass sich dies nach dem Ende des Verfahrens wieder ändere.

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