Potsdam-Mittelmark: Feinarbeit am edelsten Stein der Welt
Wolfgang Krüger aus Schöneiche ist Brandenburgs letzter Diamantschleifer
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Wolfgang Krüger aus Schöneiche ist Brandenburgs letzter Diamantschleifer Von Leonard Luchs Nicht alles, was glänzt, ist Gold. Und nicht jeder Stein, der funkelt, ist ein Rubin, geschweige denn ein Diamant. Wolfgang Krüger aus Schöneiche bei Berlin kann ein Lied davon singen. Hin und wieder muss der 63-Jährige seinen Kunden Illusionen rauben. Gerade untersucht er einen steinbesetzten Goldring durch seine kleine Lupe. „Es ist ein Erbstück meiner Großmutter“, erklärt die Frau in Krügers Büro. Vor ihr ausgebreitet liegen einige Schmuckstücke. „Nein, das ist bestimmt kein echter Rubin“, lautet Krügers ernüchterndes Urteil. Der Kundin rutschen die Mundwinkel nach unten. Krüger kennt sich aus mit edlen Steinen. Er ist Diamant- und Edelsteinschleifer, der einzige und vermutlich letzte in der Mark. „In zwei Jahren will ich in Rente gehen“, sagt der gebürtige Berliner. Einen Nachfolger hat Krüger nicht. Früher habe sein Sohn eine Zeit lang mitgeholfen. Richtig gut sei der gewesen, fügt der Edelsteinexperte fast etwas wehmütig hinzu. Doch letztlich habe er ihn nicht ausreichend bezahlen können. „Jetzt arbeitet mein Sohn in der Baubranche. Da verdient er zumindest ordentliches Geld“, sagt Krüger und zuckt mit den Schultern. Seit der Wende sind gut bezahlte Aufträge für Diamantschleifer rar geworden. Weil Krüger einer der wenigen in Deutschland ist, der das Handwerk noch beherrscht, hat er zwar immer etwas zu tun, doch viel Geld springe dabei nicht heraus. „Zumeist sind es Schmuck-Diamanten, deren alter Schliff überarbeitet werden soll“, sagt er. Wenig kosten soll es, so laute häufig die Maßgabe der Kunden. „Viele denken, mit ein bisschen anschleifen sei es getan“, erzählt Krüger. Die Arbeit an einem Stein könne jedoch bis zu vier Stunden dauern. So sitzt Krüger oft bis es dunkel wird in der Werkstatt im Keller seines Wohnhauses, schleift, poliert und prüft, bis ihm die Augen weh tun. „Ohne Lupe geht nichts“, erläutert er. „Manchmal habe ich abends ganz rote Augen.“ In der DDR konnte sich Krüger vor Arbeit kaum retten. Vor allem Diamantwerkzeuge für die Industrie habe er repariert. Unternehmen von Rostock bis Suhl profitierten von seinem Können. Gerne würde er wieder mehr solche Aufträge annehmen. „Zum Beispiel mit Diamanten besetzte Bohrköpfe wie diese aufarbeiten“, sagt Krüger und zeigt auf einige Andenken aus geschäftigeren Tagen. Die Frau mit dem unechten Rubin hat Krügers Büro längst wieder verlassen. Im blauen Arbeitskittel sitzt der letzte Diamantschleifer Brandenburgs an seiner Werkbank. In die so genannte Doppe, ein Spezialwerkzeug, klemmt er den Stein eines Kunden ein. „Vor dem Wert eines Diamanten habe ich immer noch großen Respekt.“ Ein besonders teures Stück habe er auch schon einmal ein paar Tage liegen lassen, erinnert sich Krüger. „Aber dann sagte ich mir: Das hast du schon so oft gemacht. Also ran da jetzt.“
Leonard Luchs
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