Potsdam-Mittelmark: Fertighäuser für eine kleine Eule
Falkner Falk Witt betreut die Wiederansiedlung von Steinkäuzen in der Region – und sucht noch Helfer
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Beelitz - Ihm trachten viele nach dem Leben. Marder, Habicht, Sperber und andere Greifvögel sind seine natürlichen, Lastwagen und Züge die vom Menschen gemachten Feinde. Der Steinkauz ist nicht gerade ein Überlebenskünstler: Bis zu 70 Prozent der Jungtiere sterben in ihrem ersten Jahr. Es ist also eine mühevolle Aufgabe, die sich der Landschaftsförderverein Nuthe-Nieplitz-Niederung gestellt hat: Er will die hierzulande längst ausgestorbene kleine Eulenart wieder ansiedeln. Seit zwei Jahren werden regelmäßig Jungtiere in der Region ausgewildert.
„Die Lebensraumstrukturen für den Steinkauz haben sich verbessert: Es gibt wieder Kopfweiden und auch genügend Nahrung“, sagt Falk Witt. Der Falkner aus dem Beelitzer Ortsteil Körzin hat die Regie für die Wiederansiedlung übernommen. In seiner Hegestation betreut er sieben Brutpaare, die jährlich für je bis zu fünf Nachkommen sorgen. Ein weiteres Pärchen hat er dem Ornithologen Lars Kluge aus Blankensee übergeben. Die Jungtiere, die im Frühjahr schlüpfen, werden im Sommer ausgewildert. In dieser Woche ist es wieder soweit: 13 flügge gewordene Steinkäuze werden auf dem Gut Breite bei Stücken eine neue Heimat finden. Das ehemalige Rittergut der Herren von Thüme ist heute umgeben von Streuobstwiesen und saftigen Weiden, auf denen der Steinkauz auf die Jagd nach Käfern, Amphibien, Mäusen und kleinen Vögeln gehen kann.
Was immer wieder fehlt, sind genügend Nistplätze für die Tiere. Kaum noch gibt es Totholz, in denen der Steinkauz bevorzugt brütet, da morsche Bäume nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen abgeholzt werden. Auch Ruinen, die die Tiere ebenfalls annehmen, sind so gut wie nicht mehr zu finden. Eine Alternative sind Brutröhren, die Witt und Ornithologen des Fördervereines ausbringen. Allerdings braucht ein einziges Pärchen bis zu sieben solcher „Fertighäuser“, um zwischen ihnen zu wählen. Hilfe hat Witt bereits von einer Berliner Schulklasse bekommen: Deren Lehrer ist Jäger und hat Flächen in Körzin gepachtet. Im Werkunterricht hat er mit den Kindern 30 Röhren hergestellt. Auch ein pensionierter Schreiner hat einige Brutröhren gesponsert. Weitere Helfer, die ein bisschen Zeit an der Werkbank für den Steinkauz erübrigen können, sind immer willkommen. Die Baupläne gibt es bei Falk Witt, auch das Material würde er notfalls stellen.
Auch finanzielle Hilfe kann der Falkner gebrauchen, denn die Aufzucht der Steinkäuze ist nicht zuletzt eine Kostenfrage. Zudem ist diese nur eine von vielen Aufgaben, denen sich der Körziner widmet. Seit zehn Jahren rettet er auch verletzte oder verwaiste Vögel, peppelt sie wieder auf oder bringt sie in die Tierklinik nach Berlin – um sie anschließend in die „Reha“ zu nehmen. Circa 30 Vögel landen jährlich bei ihm: Einige werden von Spaziergängern gebracht, andere holt Witt von den Findern und legt dabei auch weite Strecken zurück. Denn in Brandenburg ist er einer der wenigen Rettungsanker für Greifvögel mit Schädel-Hirn-Traumata, Frakturen oder Verstauchungen. Zwei Drittel der Tiere genesen wieder völlig und können dann ausgewildert werden.
Besonders tückisch sind jedoch Bleivergiftungen: Greifvögel stürzen sich auf erlegtes Wild und nehmen das Schwermetall direkt aus der Schusswunde auf. Witt, selbst passionierter Jäger, wird nicht müde, seine Berufskollegen auf die Gefahren verbleiter Munition hinzuweisen. „Auch der Mensch kann dadurch Schaden nehmen, wenn er Wildbret isst“, so Witt, der auch beim Verbraucher das Bewusstsein für dieses Problem wecken will. „Verbleite Wasserleitungen gibt längst nicht mehr, weil sie ein Gesundheitsrisiko sind – mit Bleikugeln ist es nicht anders“, sagt er. Waidmänner, die bei ihm im Revier jagen, dürfen nur bleifrei schießen.
Generell würde sich Falk Witt mehr Verständnis für die märkische Fauna wünschen – und für ihre Bedürfnisse. Er freut sich über jeden Spaziergänger, der herumliegendes Erntegarn aufhebt, damit sich Vögel beim Nestbau nicht darin verheddern, oder über Leute, die den Blick für das große Ganze behalten. Denn dass Jäger ein existenzielles Interesse am Naturschutz haben, würde bei manchen einfach nicht ins Weltbild passen. Und so betreibt der 66-jährige Falkner auch ein Stück Image-Pflege, wenn er zum Beispiel Schulklassen oder Touristen durch seine Hegestation führt. In erster Linie geht es ihm aber um die Greifvögel – wie dem Steinkauz, dessen Ruf künftig wohl wieder öfter zu hören sein wird. Thomas Lähns
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