Potsdam-Mittelmark: Firmen, die nicht ausbilden – Berufe, die keiner kennt
Günter Baaske und Andrea Wicklein von der SPD informierten sich beim Ausbildungsverbund über Probleme
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Günter Baaske und Andrea Wicklein von der SPD informierten sich beim Ausbildungsverbund über Probleme Teltow - Sieben freie Ausbildungsplätze als Systemgastronom, angeboten von der Marché-Kette. In den heutigen Zeiten müsste man denken, da bewerben sich Dutzende. Die Geschichte von Karl-Heinz Ganzleben, Geschäftsführer des Ausbildungsverbundes Teltow (AVT), endet aber anders: Es gab überhaupt keine Interessenten, also auch keine Ausbildung. Schlechte Nachrichten für Ganzleben, denn der AVT lebt von Auszubildenden. Der Verbund in Trägerschaft der IHK unterstützt die Unternehmen, besonders die kleineren, dabei, die Lehrlinge möglichst umfassend auszubilden. Damit zum Beispiel der Kochlehrling im Fischrestaurant auch lernt, wie man eine Pute schmackhaft zubereitet. Schlechte Nachrichten aber auch für Günter Baaske, Fraktionschef der regierenden SPD im Brandenburger Landtag, der gestern zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein (SPD) den AVT besuchte. Denn bald wird sich seine Partei mit dem Thema Ausbildungsplatzmangel beschäftigen müssen. Baaske glaubte, dass junge Leute bei Arbeitgebern wie Marché oder McDonald“s heute lieber stundenweise jobben gehen als sich für 400 Euro im Monat ausbilden zu lassen. Und noch ein Problem sah der frühere Arbeitsminister: Bei den Mädchen entscheiden sich 82 Prozent der Azubis für einen der 25 beliebtesten Berufe – von insgesamt 357. Bei den Jungs ist Koch mit Abstand der beliebteste Ausbildungsberuf. Viele merken dann aber nach einiger Zeit, dass die Arbeitszeiten nicht so günstig sind, sie viel auf den Beinen stehen und der Stress manchmal groß ist. Die Abbrecherquote ist hoch. Bei vielen Jugendlichen fehlt offensichtlich das Wissen darüber, welche Berufe es überhaupt gibt. Hier sieht Andrea Wicklein auch die Schulen stärker in der Pflicht, zu informieren und Kontaktangebote wie vom AVT anzunehmen. Einige, die die Kochlehre durchgehalten haben, legten gestern gerade ihre praktische Prüfung ab, als die Besuchergruppe die Küche betrat. Hier wuselten bei großer Hitze elf Jungköche hektisch durcheinander, ständig angetriebenen von den lautstarken Anfeuerungen eines Mannes, dem ein kleines Mikro vor dem Kinn baumelte: „Die Prüfer warten!“ Tester Hans-Dieter Lehmann beschwerte sich währenddessen bei Günter Baaske über die mangelnde Qualität der Ausbildung in vielen Betrieben. Und auch eine andere viel gehörte Klage war zu vernehmen: dass das Wissen der Schüler zu wünschen übrig lässt. Baaske verwies auf die zusätzlichen Prüfungen ab der 7. Klasse, welche die SPD eingeführt habe. Tatsache bleibt aber, dass viele Betriebe nicht ausbilden, manche, obwohl sie Ausbildungsbetrieb sind. Viele Lehrlinge im AVT kommen deshalb auch über staatlich geförderte Programme hier unter. Jetzt hat das Land wieder eine Kampagne für mehr Ausbildung gestartet, an der auch der AVT teilnimmt. Man will mit Betrieben ins Gespräch kommen, eventuell dabei helfen, Ausbildungsbetrieb zu werden. Hinter vorgehaltener Hand sagen aber manche, dass viele Betriebe sich einfach lieber den Azubilohn sparen. Günter Baaske sieht die Firmen trotzdem unter Zugzwang: Wer jetzt nicht anfange, finde in drei, vier Jahren gar keine Arbeitskräfte mehr. Volker Eckert
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