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Fliegengitter für Teltower Rübchen. Rübchenbauer Szilleweit will auf Chemie verzichten.

© dpa

Potsdam-Mittelmark: Fliegenlarven knabbern Rübchen an

Rübchenanstich in Teltow: Das seltene Gemüse muss mit Netzen geschützt werden. Rübchenfest am Sonntag in Ruhlsdorf

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Teltow – Eigentlich ist die Rübchenfliege ein hübsches kleines Tier, sagt Axel Szilleweit. Ihre Flügel schillern lila und grün. Fleißig ist sie auch. Leider zu fleißig, sagt der Teltower Rübchenbauer. Denn die Fliege macht ihm und dem seltenen Gemüse zu schaffen. Stück für Stück legen die Insekten ihre Eier an den Pflanzen aus. Aus ihnen schlüpfen Larven, die sich das süßlich-scharfe Gemüse schmecken lassen, dass einst schon Goethe lobte. Mit Netzen versucht der Landwirt, die Rübchen vor den Schädlingen zu bewahren. Am gestrigen Donnerstag wurde der dicht gesponnene Schutz zum Start der neuen Rübchensaison gelüftet.

Mit dem Rübchenanstich auf dem Feld von Landwirt Szilleweit ist der Verkauf der Teltower Rübchen wiedereröffnet worden. Die ersten Kilo konnte Szilleweit schon frisch am Feldrand verkaufen. Der Kilopreis liegt bei sechs Euro und damit etwa wie im Vorjahr. Am Sonntag soll das Gemüse auch auf dem Rübchenfest in Teltow-Ruhlsdorf zu kaufen sein.

Wie in den vergangenen Jahren gehen dabei nicht nur die rohen Wurzeln über die Theke, sondern auch Rübchenbrot, -schnapps, -suppe, -salami, -bratwurst und -senf. Es sind vor allem Tüftler aus der Region, wie der Bäcker Gerd Neuendorff oder der Drucker Jens Grabow, die sich an den Rübchen-Rezepturen versuchen. Streng achten sie dabei darauf, immer nur das Original zu verwenden, das auf Teltows Feldern gewachsen ist.

Gerade weil die Teltower Rübchen nur aus Teltow kommen, sei die Sache mit der Rübchenfliege so problematisch, sagt Bauer Szilleweit. In der vergangenen Saison konnte er zehn Tonnen des Wurzelgemüses ernten. Jetzt rechnet er nur noch mit der Hälfte. Zu kalt sei der September und zu aktiv die Fliege. „Das ist der Feind Nummer eins“, sagt Szilleweit. Mit Bioziden will der Biobauer aber dennoch nicht arbeiten. „Wir versuchen die Rüben mit Spezialnetzen zu schützen.“

Die Gaze liegt in langen Bahnen auf dem Feld. Wo sie nicht hinreicht, war die Fliege oft schon aktiv. Gut zu sehen ist das an den angeknabberten Rübenblättern und den Fresstunneln unter der Rübenhaut. Solange sich die Larven nicht mitten durch das Gemüse beißen, ist alles okay, sagt Szilleweit. „Das ist optisch nicht schön, kann man aber abschaben.“ Nur wenn sie die Abkürzung mittendurch nehmen, ist die Rübe hin.

Mit rund sieben Hektar Anbaufläche ist Szilleweit der größte Rübchenproduzent der Stadt. Sein einziger Kollege, Uwe Schäreke, begnügt sich mit einem halben Hektar. Zu aufwändig sind Pflege und Ernte des langwurzligen Gemüses für den Ruhlsdorfer Freizeitbauern. Dafür hat er in seiner Freizeit die Rübchen-Bratwurst entwickelt. Sie hat einen eigenen Rübchen-Geschmack, verspricht Schäreke – etwas scharf, so wie bei einem Rettich.

Axel Szilleweit hingegen hat sich voll auf die Landwirtschaft und die Aufzucht alter Gemüsesorten spezialisiert. Neben den Rübchen pflanzt er auch Schwarzwurzel, Pastinaken und Haferwurz. „Je urtümlicher, desto intensiver der Geschmack.“

Auch deshalb wird Szilleweit am Sonntag in Ruhlsdorf neben den Teltower Rüben eine breite Gemüseauswahl anbieten. Rote Beete und schwarzer Rettich sollen den passenden Rahmen für das Rübchen bieten. Die Stadt und der Förderverein für das Rübchen haben dann zum Rübchenfest eingeladen. Vom Teltower S-Bahnhof verkehrt alle 20 Minuten ein Bus zum Fest. Auf der Bühne wird von 12 bis 19 Uhr Musikalisches geboten, für Kinder gibt es eine Hüpfburg und für Feinschmecker Teltower Rübchen in allen Variationen.

Mit dabei ist dann auch Rübchenprinz Jan-Philipp. Der zehnjährige Fünftklässler der Stubenrauch-Grundschule in Teltow hat mit seiner Prinzessin Klara auf dem Schulhof ein kleines Rübenbeet angelegt. Vor allem die schlanken, spitzen Rüben schmecken am besten, sagt Jan-Philipp. So hat es auch schon der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe berichtet, als er die Wurzeln probierte, hat Klara gelernt.

Fiese Fliegen haben die Rübchen-Hoheiten auf ihrem Mini-Acker bislang zum Glück noch nicht entdeckt. Sonst müssten sie auch noch ein paar Fliegengitter aufspannen, so wie Rübchenbauer Axel Szilleweit. Der hat seine Heimatgemüse gleich nach dem ersten Anstich wieder unter den Netzen versteckt, um den leckeren Schmaus vor den gefräßigen Fliegen zu schützen.

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