Potsdam-Mittelmark: Flugmanöver am Basketballnetz
Im Winter kreisen die Modellflieger der Werderaner Slowflyer in der Halle
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Werder (Havel) - Flugshow in der Sporthalle: Die Modellflugzeuge fliegen auf dem Rücken oder in Loopings, drehen sich um die eigene Achse während sie in der Luft kreisen und bleiben sogar vertikal in der Luft hängen – „torquen“ heißt dieses Kunststück, erklärt Steffen Lopp. Möglich wird es nur, weil der Motor des Flugzeugs in Vergleich zu seinem Minigewicht eine „Riesenüberleistung“ hat, erläutert der 51-jährige Geltower.
Vor zehn Jahren gründete Lopp den Modellflugverein „Werderaner Slowflyer“, eine Abteilung des Flugmodell Clubs (FMC) „Hans Grade Potsdam“. Während sich die 33 Mitglieder im Sommer auf dem Flugplatz in Plötzin treffen, haben sie ihr Winterdomizil in der Sporthalle der Karl-Hagemeister-Schule gefunden – mit speziellen Indoor-Fliegern: Zwei Stunden pro Woche lassen sie hier die superleichten „Shock Flyer“ in die Luft steigen. Keine 200 Gramm wiegen die Flugzeuge mit einer Spannweite von immerhin 80 Zentimetern. Gebaut werden sie aus dem nur wenige Millimeter dickem Isoliertapetenmaterial Depron, erklärt Lopp. Eine Art Handy-Akku lässt den eingebauten Drehstrommotor brummen. Gesteuert werden die Flieger mit einem Bauchladen-Sender.
Für Anfänger sind die Leichtgewichte allerdings nichts, sagt Steffen Lopp. Denn die Steuerung ist kompliziert: Querruder, Höhenruder und Seitenruder müssen bewegt werden. Hinzu kommt der grundsätzliche Unterschied der Modellflieger zur „manntragenden Zunft“: Während Piloten stets in Flugrichtung sitzen, muss der Modellflieger vom Boden jede Bewegung im Kopf mitdenken – selbst für Menschen ohne Rechts-Links-Schwäche eine Herausforderung.
Lopp brauchte rund ein Jahr Übung, ehe er seinen Flieger sicher starten und landen lassen konnte, erzählt er: „Aber wenn man es einmal kann, dann ist es wie Autofahren.“ Unfälle passieren trotzdem, auch an diesem Abend in der Sporthalle: Plötzlich rast ein Flieger ins Basketballnetz und muss wieder herausgefummelt werden. Kleinere Schäden können die Modellflieger sofort mit Klebeband beheben, größere Probleme reparieren sie in der heimischen Bastelwerkstatt. „Ich sitze eigentlich jeden Tag daran“, gesteht Steffen Lopp.
Allein das Bauen der Modelle dauert: Schon bei den kleinen „Shock Flyern“ muss man mit zwei Arbeitstagen rechnen. Bei den großen Freiluftfliegern mit drei Metern Spannweite können es bis zu zweihundert Arbeitsstunden werden – je nachdem, wie detailgetreu gebaut wird.
Für Frauen ist das offenbar kein ansprechendes Hobby: Die „Werderaner Slowflyer“ jedenfalls sind ausschließlich Männer, die meisten kommen beruflich aus dem ingenieur-technischen Bereich. Trotzdem gehören zum Vereinsleben auch die Familien: Bei den Fliegertreffen im Sommer etwa sind die Frauen immer mit dabei, betont Lopp.
Sorgen um den Vereinsnachwuchs macht er sich dennoch: Nur einen Teenager gebe es momentan im Verein. Den Jugendlichen fehle es an Geduld oder Geld, vermutet Lopp: „Da geht ja ständig was kaputt.“ Immerhin seien die Flugzeugmodelle schon erschwinglicher geworden – für einen „Shock Flyer“ müsse man mit Preisen von 100 bis 120 Euro rechnen. Für die ersten Schritte zum Looping-Flieger bieter der Verein auch Starthilfe in einer Flugschule an. Jana Haase
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