Stahnsdorfs Südwestkirchhof: Forscher der Mausoleen
Studierende der Fachhochschule Potsdam haben in den vergangenen Jahren die Kulturdenkmale auf dem Stahnsdorfer Südwestkirchhof saniert. Das Ergebnis konnte jetzt bei einem Rundgang besichtigt werden.
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Stahnsdorf - Erfrischend unkonventionell waren die Klänge, die am Sonntag über den Gräbern des Stahnsdorfer Südwestkirchhofes ins Himmelblau flirrten. Mit Tuba, Saxophon und Percussion wurden rund 50 Besucher des Wandelkonzertes bereits an der norwegischen Stabholzkirche empfangen und so eingestimmt auf einen Wohlfühlabend pilgerten sie zu vier Grabmausoleen. Für diese gute Stimmung auf dem Gottesacker gab es durchaus Gründe: Die Sicherung herausragender Kulturdenkmale durch Studierende der Fachhochschule Potsdam. „Studien-Zeit“, so der Titel der Veranstaltung, wollte daher den Friedhof als Forschungsstätte, aber auch als Lernort für die Studierenden präsentieren.
Erste Station war das Grabmal der Berliner Kaufmannsfamilie Kuhnen, das ursprünglich auf dem Alten St. Matthäuskirchhof in Berlin-Schöneberg erbaut wurde und 1939 im Zuge der Germania-Planungen von Hitlers Architekten Albert Speer auf den Stahnsdorfer Südwestkirchhof mit weiteren 15 000 Grabstätten umgebettet wurde. Katja Schmeikal erinnert sich, wie sie 2001, damals noch Studentin, den rechteckigen Bau mit vorgestelltem Portal betrat: „Es war mein Einstiegsprojekt und schon an den Verfärbungen der Reliefs im Inneren konnte man sehen, dass das Dach undicht ist.“ Salzausblühungen und Schuppenbildung waren am Mauerwerk zu sehen und so wurde noch im Zuge der Bestandsaufnahme das Dach saniert. „Ich habe hier selber die Injektionsspritzen an den Reliefs gesetzt“, berichtete die ehemalige Studentin, die heute Diplom-Restauratorin und Werkstattleiterin für Konservierung und Restaurierung an der FH ist.
Mit der chemischen Injektion wurde die aufsteigende Mauerfeuchtigkeit gestoppt, auch um die beiden Reliefs mit Engeldarstellungen zu erhalten. Einige Steine mussten ergänzt werden. Gerettet werden konnte ebenso die lebensgroße Figur des Erzengels Michael mit dem Flammenschwert, gegenüber dem Eingang. Ein Jahr später folgte eine weitere Bestandsaufnahme, um Schäden am Sockel zu beseitigen. Auch das Dach wurde neu gebaut und die Wasserabführung verbessert. Doch 2011 entfernten Diebe die Abwasserleitungen aus Kupfer, rissen das Kupferdach auf und verbogen es. Kupferdiebe plünderten zwei Jahre später auch das Grabmausoleum von Kammergerichtsrat Friedrich Müller. Das aufwendig gestaltete Dach wurde komplett abmontiert und konnte nur anhand von Fotos später wieder rekonstruiert werden. Ein Schaden von 10 000 Euro entstand.
Laut Friedhofsverwalter Olaf Ihlefeldt beträgt die Summe der Diebstahlschäden der vergangenen Jahre rund 140 000 Euro. Kupfer wird nicht mehr verwendet, um die Mausoleen auf dem Kirchhof zu sanieren, stattdessen kommt Zink aufs Dach. „Es tut uns allen in der Seele weh“, bedauerte Ihlefeldt die baulichen Konsequenzen, die trotz guter Ausführung eine optische Beeinträchtigung sind. Das Mosaik innen an der Decke wurde zum Glück nicht beschädigt, das rekonstruierte Oberlicht lässt es erstrahlen.
Ein prunkvolles Goldmosaik, reich verziert mit Bronzeschmuck, befindet sich auch im Innenraum des Mausoleums der Familie Caspary, das 1911 errichtet wurde. Die eigentliche Gruft, fast doppelt so groß wie der Überbau, befindet sich unter der Erde. Den Zustand dieses Grabmales hatten Studenten im Jahre 2010 erfasst und kategorisiert, sowie die Dringlichkeit der Konservierungsmaßnahmen aufgelistet. Schwerpunkte waren dabei die Schäden, die die Eisenbetonpfeiler im Gruftbereich aufwiesen.
Besonders umfangreich wurde die Bestandsaufnahme des Mausoleums der Industriellen-Familie Harteneck, in Nachbarschaft zum Caspary-Grabmal. Es waren die ägyptischen Elemente, die Studenten und Dozenten gleichermaßen faszinierten. Die Kunst und Kultur der Pharaonen war in den gesellschaftlich höher gestellten Kreisen schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Mode gekommen. Die Totenmaske eines Pharaos, umgeben von Schlangen, thront auf einem hohen Sockel hinter einer schweren Eisentür. Blaues Licht scheint von rechts durch ein blauverglastes Fenster und von der Decke strahlt ebenso Licht in diesen Altarraum. Eine Scheintür führt symbolisch ins Jenseits. Die Inszenierung wurde noch durch Edelputz erhöht, von dem aber mit der Zeit einiges verloren ging.
Die Zusammensetzung dieses Putzes haben die Studenten in mühevoller Kleinarbeit analysiert, nachdem sie alle Schäden kategorisiert hatten. Der Versuch einer Firma, den Edelputz herzustellen, war unbefriedigend, weshalb die Studenten sich des Themas annahmen – mit Erfolg. Dazu verglichen sie Sande aus verschiedenen Gruben aus dem Raum Brandenburg. Um das optische Erscheinungsbild anzupassen, wurde ein farbiges Gesteinsmehl hinzugegeben. Insgesamt waren sechs Testreihen mit verschiedenen Zuschlagsstoffen nötig. Getestet wurde auch, wie der Putz am besten aufgetragen wird. Beste Ergebnisse erzielten die Studenten mit der Besenwurf-Technik, für die ein Reisigbesen verwendet wurde. Seit 2009 besteht die Kooperation zwischen der FH und dem Südwestkirchhof Stahnsdorf. 17 Projekte konnten seither abgeschlossen werden.
Kirsten Graulich
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