Potsdam-Mittelmark: Fraktionschef im Praktikum
Günter Baaske arbeitet diese Woche auf dem Bau und er bekommt einiges mit auf den Weg
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Günter Baaske arbeitet diese Woche auf dem Bau und er bekommt einiges mit auf den Weg Seddiner See/Potsdam - Die Baufirma Pilgrimowski aus Neuseddin beschäftigt zurzeit einen recht prominenten Praktikanten: Günter Baaske, Chef der SPD-Fraktion im Landtag, packt in dieser Woche auf einer Baustelle in Potsdam-Eiche mit an. Dort werden momentan Mehrfamilienhäuser saniert. Statt langer Fraktionssitzungen und Plenardebatten heißt es für Baaske nun: Dämmplatten anbringen und Fenster verkleiden. Dem Arbeitseinsatz waren Unkenrufe vorausgegangen, so von CDU-Mann Sven Petke: Abgeordnete sollten nicht anderen die Arbeit wegnehmen. „So ein Quatsch“, winkt Baaske ab und hält eine Styroporplatte an die Wand, um Maß zu nehmen. „Die Firma würde wegen meines einwöchigen Einsatzes garantiert keine Stelle streichen.“ Er wolle sich auf diesem Wege in Erinnerung rufen, wie körperlich hart andere für ihr Geld arbeiten müssen. „Wenn man sich Tag für Tag mit Politik beschäftigt, darf man das nicht vergessen.“ Gestern Abend sei er dann auch schon etwas erschöpft gewesen, gesteht er. Baaske trägt eine Latzhose. Das T-Shirt hat er ausgezogen, hier oben auf dem Gerüst brennt die Sonne. So kommt ein durchtrainierter, braun gebrannter Oberkörper zum Vorschein. Einen Politiker würde man kaum vermuten, auch in Anbetracht der Handgriffe: Mit einem Akkuschrauber dreht er routiniert Dübel in die Wand. „Die Platten werden nicht mehr geklebt, sondern geschraubt“, erläutert Baaske, „man spart sich das mühsame Putzabklopfen“. Etwas Erfahrung hat der „Neue“ schließlich schon: „Zum einen durch die polytechnische Ausbildung in der DDR, zum anderen habe ich ja auch schon zwei Häuser gebaut.“ Geschont werde er nicht, wie bei den Kollegen läuft Baaskes Arbeitstag von 7 bis 5. Danach gehe es weiter: So stünde für heute noch ein Treffen mit CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek auf dem Programm. Gehalt gebe es auch: 1000 Euro für die eine Woche – ein vergleichsweise reichlicher Lohn. Das Geld soll aber einem guten Zweck dienen, es geht an die Jugendabteilung des ESV Lok Seddin. Die Idee, auf den Bau zu gehen, stamme noch aus Baaskes Zeit als Arbeitsminister. 2003 sei er bei einem Besuch in Neuseddin mit Unternehmenschef Bodo Pilgrimowski ins Gespräch gekommen. „Wenn ich als Politiker herumgereicht werde, sehe ich nur die guten Seiten“, hatte er damals gesagt. Dementsprechend sei Baaske das momentane Medieninteresse gar nicht so lieb, wohl auch weil böse Zungen von Wahlkampf reden. „Wir haben das abgemacht, lange bevor von Bundestagsneuwahlen die Rede war.“ Solche praktischen Erfahrungen müssten mehr Politiker sammeln, findet der SPD-Fraktionschef, „denn der Mindestlohn in der Baubranche ist hart verdientes Geld“. Die Baustelle in Eiche ist eine von momentan 15 Einsatzorten der Firma Pilgrimowski in Brandenburg. 75 Leute beschäftigt der 1990 gegründete Unternehmensverbund, jedes Jahr werden zehn Auszubildende eingestellt. Dennoch befinde man sich in schweren Zeiten, sagt der Chef: Im vergangenen Jahr wurde die Investitionszulage vom Staat abgeschafft. Die Zukunft der Eigenheimzulage ist ungewiss. Und öffentliche Aufträge werden immer knapper. „Das Baugewerbe ist mies dran“, bringt es Bodo Pilgrimowski auf den Punkt. Aber wichtiger als alle Zulagen sei es, dass Bürokratie abgebaut und mehr Menschen in Arbeit gebracht werden - dann würde sich die Lage verbessern. Das gibt er auch seinem Praktikanten mit auf den Weg. Thomas Lähns
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