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Potsdam-Mittelmark: Freude etwas verhagelt

Gestern Startschuss für die Kirschernte bei Wels in Werder – Bauern hätten jetzt gern 23 Grad und Sonne

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Werder (Havel) - Zwar gibt es Süßkirschen schon seit vier Wochen. Die Obstbauern warten mit ihrem offiziellen Saisonstart aber stets auf die beste und reichlichste von allen, die Knupper. Gestern wurde auf einer Kirschplantage des Obsthofes Wels bei Werder die brandenburgische Kirschernte eröffnet. Das Unwetter am Montag hat einigen die Freude über einen meteorologisch guten Jahresstart noch etwas verhagelt: Obstbauer Heiko Wels hat erhebliche Schäden zu verzeichnen – und hofft auf spätere Sorten. Wenn er das Wetter bestellen könnte, hätte er jetzt gern 23 Grad und Sonnenschein.

Die meisten Werderschen Obstbauern hatten Glück mit dem Unwetter, die Glindower Platte blieb wie durch ein Wunder vom Hagel verschont. Allen macht der Dauerregen zu schaffen – nicht optimal für die Erntezeit. Die Früchte drohen zu platzen, bevor sie beim Kunden sind. Alles in allem steht nach einer guten Blüte eine durchschnittliche Ernte bevor, wie es gestern hieß.

„Es ist nach wie vor schwer, der Natur durch Landbewirtschaftung etwas Essbares abzugewinnen“, sagte Obstbaufachmann Thomas Bröcker vom Landesgartenbauverband Brandenburg: Gerade die Süßkirsche sei eine „unsichere Kultur“. Bröcker forderte nach drei schwierigen Jahren ein „Hilfsprogramm zum Erhalt des Obstbaus“ mit der Förderung von Ersatzpflanzungen, Hagelnetzen, Frostschutzberegnung und wissenschaftlicher Produktionsberatung.

Die Obstbauern ließen dennoch keine Zweifel, dass es in den nächsten vier Wochen reichlich Süßkirschen auf den Märkten geben wird, das Kilo für fünf bis sechs Euro. Wer gestern beim Erntestart dabei war, der konnte den Unterschied zur Massenware aus dem Supermarkt schmecken– auch Agrarminister Jörg Vogelsänger (SPD). Die Region könne stolz sein auf ihre Obstbauern, sagte der Minister. „Das ist eine wunderbare Einladung an die Städter, raus aufs Land zu fahren.“

Potsdam-Mittelmarks Landrat Wolfgang Blasig (SPD) kündigte gestern an, dass es im Bereich Wirtschaftsförderung künftig einen Mitarbeiter geben wird, der nur für diesen Wirtschaftszweig zuständig ist. „Werder soll eine der Hauptanbauregionen für den Obstbau in Deutschland werden“, formulierte er als Ziel. Die Stadt Werder wolle dazu beitragen, indem sie „bei der Brauchwasserversorgung einen Schritt nach vorn geht“, wusste er. Ein Gutachten zum Thema Wasserversorgung der Plantagen hält das Rathaus noch unter Verschluss.

Der Vorsitzende des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins Walter Kassin, nach dessen Ahnen die berühmte „Kassins Frühe“ benannt ist, rechnete gestern vor, dass es mit der Zukunft der Branche nicht so schlecht aussieht, wie mancher orakelt: „Zum Baumblütenfest wird es auch in Zukunft reichlich Obstblüten geben.“ Zurzeit seien im Raum Werder etwa 130 Hektar Süßkirschen im Anbau, zitierte er aus einer Umfrage des Vereins. Einige davon sollen gerodet werden, es seien aber auch Neupflanzungen auf 47 Hektar geplant. Brandenburgweit werden derzeit etwa 550 Hektar Süßkirschen angebaut, mit Erdbeeren erzielen Direktvermarkter damit oft 50 bis 60 Prozent ihres Jahreseinkommens.

Dem Anlass entsprechend wurde gestern die neue Glindower Kirsch- und Ziegelkönigin vorgestellt, die 25-jährige Stefanie Neidow aus Werder. Gekürt wird sie beim Glindower Kirsch- und Ziegelfest vom 6. bis 8. Juli. Versprechen der Veranstalter: Auch dort wird es reichlich Kirschen geben.

Der Obsthof Lindicke, Am Plessower Eck 1, lädt am Wochenende (jeweils 9-18 Uhr) zu „Frucht-Genuss-Tagen“ ein. Neben frischem Obst wird zu Obstbauernkost und Fruchtspezialitäten eingeladen.

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