Potsdam-Mittelmark: Friedensangebot an Sprayer
Bergholz-Rehbrücke will mit einem Graffitiprojekt Schmierereien begegnen
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Bergholz-Rehbrücke will mit einem Graffitiprojekt Schmierereien begegnen Nuthetal - Während in Bund und Land über härtere Strafen für Graffitisprayer diskutiert wird, geht Bergholz-Rehbrücke den entgegengesetzten Weg: Am Mittwochabend kamen Jung und Alt im Jugendclub zusammen, um über ein Graffitiprojekt zu diskutieren, auch in der Hoffnung, die Schmierer einzubeziehen und vom nächtlichen Sprühen auf Häuserwände abzubringen – „ein Friedensangebot“, wie Uwe Jaeger es ausdrückte. Nach den zwei Großattacken im vergangenen Dreivierteljahr mit Dutzenden von Betroffenen ist die Stimmung im Ort angespannt, so sehr, dass Uwe Jaeger das manchmal Angst macht. Er ist als Unternehmer selber betroffen mit seinen Werbetafeln. Wenn er aber von Leuten hört, die den Sprayern am liebsten die Hände abhacken würden, dann wird ihm ganz anders, wie er vor den rund 15 Teilnehmern der Runde bekannte. Geladen hatte Jugendkoordinatorin Jana Köstel im Namen des Vereins Brücke e.V. Es sollte ein erstes Treffen werden, um Gedanken auszutauschen. Das Gespräch wurde aber schnell konkret. Die Idee ist, möglichst viele Jugendliche aus dem Ort für das legale Sprayen zu gewinnen. Bei den Künstlern der Gruppe „Artefx“, die zum Beispiel das Edis-Häuschen verziert haben, soll angefragt werden, ob sie sozusagen als Lehrer fungieren. Zunächst müssten aber Flächen bereitgestellt werden. Das Heizhaus an der Schule wurde in Betracht gezogen oder eine lange Wand auf der Rückseite des ATU-Geländes. Dahinter steht die Hoffnung, auch die Energie der illegalen Sprayer umzulenken. Es wird angenommen, dass sie unter den jungen Leuten bekannt sind und die es vielleicht kommunizieren könnten. Doch allen war klar, dass die Hemmschwelle hoch sein wird, nicht zuletzt aus Angst vor Entdeckung. Versucht werden soll es aber trotzdem, denn die Möglichkeiten sind beschränkt. Egon Mücke stand ziemlich allein da mit seinen wiederholten Appellen, den jungen Leuten müsse zuerst Achtung vor dem Eigentum anderer beigebracht werden. Wie soll das gehen?, war die Gegenfrage. Uwe Jaeger bot dagegen die Rückseiten seiner Werbetafeln als Sprühfläche an. Man müsse aber vorher darüber reden. „Dann würde ich auch Kosten übernehmen“, sagte Jaeger und sicherte Vertraulichkeit zu. Die Bereitschaft, ein Projekt finanziell zu unterstützen signalisierte auch Annerose Hamisch-Fischer für die Gemeindevertretung. Sie will den jungen Leuten aber trotzdem möglichst viel ästhetische Freiheit lassen. Damit widersprach sie Anwohner Rudolf Heckel, der eingangs sagte: „Wir wollen schöne Bilder, keine Fratzen.“ Was schön sei oder was Kunst, fanden andere, sei Ansichtssache. Julian mit Baseballmütze stieß etwas später zu der Runde und hat offenbar einen guten Einblick in die Szene. Er äußerte sich zuversichtlich, dass sich auch die illegalen Sprayer von einem öffentlichen Projekt angezogen fühlen könnten. Wenngleich da ein Motiv seiner Ansicht nach ein wichtiges Motiv wegfällt: der Nervenkitzel. Volker Eckert
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