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Von Thomas Lähns: Früchtchen auf der Streuobstwiese Dorfverschönerung für einsdreißig

Rehbrücker Naturprojekt gewinnt ersten Naju-Bundespreis im Wettbewerb „Erlebter Frühling“ In Töplitz hat sich in den vergangenen Jahren viel getan – auch mit Hilfe der 1-Euro-Jobber

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Nuthetal - Das im Frühjahr gestartete Projekt „Streuobstwiese“ in Bergholz-Rehbrücke hat den ersten Bundespreis im Wettbewerb „Erlebter Frühling 2008“ der Naturschutzjugend (Naju) gewonnen. An dem Projekt beteiligt sind Grundschulkinder der Otto-Nagel-Schule sowie Kindergartenkinder der Kita „Anne Frank“ und der evangelischen Kita in Bergholz-Rehbrücke. Umfangreiche Dokumentationen, Erlebnisberichte in Wort und Bild sowie viele Bastelarbeiten waren zu dem Wettbewerb eingereicht worden. Zwei Apfelbäume sind gepflanzt, Nistkästen gebaut und eine Benjeshecke angelegt worden, wie PNN berichtet hatte.

Die Kinder sollten sich in diesem Jahr mit dem vorgegebenen Thema „Lebensraum Streuobstwiese“ auseinandersetzen, und das taten sie auch mit großem Erfolg, sagte Jurymitglied Claudia Günter von der Naju. Die Preisverleihung findet am 7. November direkt auf der Wiese statt. Die Naju bringe als Preis mehrere Hochstammbäumchen als Ergänzung für die Wiese mit, die an diesem Tag mit den beteiligten Kindern feierlich gepflanzt werden sollen. „Wir sind sehr glücklich, diesen Preis gewonnen zu haben“, so Rainer vom Lehn, der als Landschaftsplaner und engagierter Vater die Federführung übernommen hatte. Der Preis macht Sinn: Kinder, Eltern, Lehrer und Erzieher sind sich einig, dieses Projekt fachübergreifend und auch in der Freizeit weiterzuführen.

Die in Vergessenheit geratene kommunale Streuobstwiese war im Rahmen eines Grünausgleichs eingerichtet worden. Für die Abholzung von Bauland nahe der Richard-Kuckuck-Straße hatte die Kommune Mitte der 90er Jahre 30 000 Euro erhalten. In der Feldstraße kaufte man ein Wiesengrundstück an. 70 Obstbäume wurden gepflanzt, doch dann wurde die Wiese wieder vergessen. Gemeindevertreterin Erika Haenel fand den Pflegezustand bedauernswert. Deshalb beriet sie sich mit Landschaftsplaner Rainer vom Lehn. Der packte das Thema mit der ganzen Familie an und trug es in die Schule.

Die Gemeindeverwaltung hatte aufgeschlossen reagiert, ließ die Wiese mähen und finanzierte fünf neue Bäume. „Die Kinder haben es geschafft, dass jetzt im Ort nach der Streuobstwiese schon gefragt wird“, sagte Rainer vom Lehn. Die Kinder sollen mit diesem alljährlichen Wettbewerb an die Natur herangeführt werden. „Einen Preis hatten wir uns bei den Ergebnissen schon erhofft, aber dass wir den Spitzenpreis bekommen, ist einfach toll“, so vom Lehn. Ute Kaupke

Werder (Havel) - Illegale Müllkippen, Graffiti-Schmiereien, verwilderte Wege: Renate Huth weiß noch, wie es vor einigen Jahren auf der Insel Töplitz aussah. „Erstmal hieß es: Ordnung schaffen im Revier.“ Sie und ihre Kollegen haben die Ärmel hochgekrempelt, die Wege beräumt, Brücken repariert, Schilder erneuert und vieles mehr. Und das mit einem Elan, den für 1,30 Euro pro Stunde wohl kaum jemand an den Tag legen würde.

Die 130 Euro im Monat seien ja kein Gehalt, sondern nur eine Aufwandsentschädigung, sagt Frau Huth entschieden. Eine Menge Kraft scheint in dieser eher zierlichen Frau zu stecken. Sie hat Arbeitskleidung an, das blonde Haar ist kurzgeschnitten, rastlose Augen künden von Tatendrang. Nein, sie bekomme Arbeitslosengeld II und möchte genauso wie ihre Mitmenschen arbeiten, statt den Lebensunterhalt einfach nur aufs Konto zu bekommen. „Es fühlt sich eben anders an, besser.“

1200 Arbeitslose sind insgesamt im Landkreis als Ein-Euro-Jobber unterwegs, heißt es von der der Mittelmärkischen Agentur zur Integration in Arbeit (Maia). In erster Linie geht es darum, den Leuten eine sinnvolle Beschäftigung zu geben, sagt Maia-Chef Bernd Schade. Viele von ihnen haben es schwer, einen Job zu finden, sei es aufgrund des Alters, mangelnder Mobilität, eines schlechten Schulabschlusses oder einfach nur, weil der erlernte Beruf nicht mehr gefragt ist. Immerhin: Mindestens zehn Prozent der Leute würden nach einer „Arbeitsgelegenheit“ wieder ins Berufsleben finden. Bei anspruchsvolleren Jobs sei es ein Viertel, aber auch Zahlen von 40 bis 50 Prozent seien möglich.

Renate Huth gehörte bislang nicht zu den Glücklichen: Drei Mal hat sie mittlerweile eine sogenannte „Arbeitsgelegenheit“ wahrgenommen, war jeweils der Kopf einer Truppe von Töplitzern, die im Dorf längst als gute Geister gelten. Jetzt ist ihr letzter Tag. Diensthandy und Schlüssel muss sie schweren Herzens abgeben. „Arbeitsgelegenheit“, im Volksmund Ein-Euro-Jobs, sind gemeinnützige Arbeiten, die den Einsatz professioneller Kräfte im Auftrag der Kommune ergänzen sollen, zum Beispiel in sozialen oder kulturellen Einrichtungen – oder eben bei der Verschönerung des Ortes. Die Einsätze werden von freien Trägern gesteuert, in diesem Falle der Gemeinnützigen Beschäftigungsgesellschaft Teltow (GBG).

Die hatte in diesem Jahr 20 Leute im Raum Werder im Einsatz, berichtet GBG-Koordinator Hagen Ungurean. In Töplitz waren es sechs GBG-Jobber, weitere drei wurden von einem anderen Träger geschickt. Und noch zwei Leute hatten Sozialstunden abgeleistet. Die Ein-Euro-Jobber halten die Insel in Schuss, können dafür auf die Unterstützung mit Arbeitsmaterialien seitens des Ortsbeirates setzen oder sich bei Sturmschäden im Wald auch an die Feuerwehr wenden. „Es hat sich viel getan im Ort“, meint Ortsbürgermeister Frank Ringel. „Die Wege und Parks sehen gepflegt aus, die Badestelle hat einen Grillplatz und Sitbänke, die Gewässer wurden an den Ufern beräumt.“ Knapp hundert Hektar ist die Insel groß, zu groß für die Kräfte des Grünflächenamtes. Für den Ortsbürgermeister ist es wichtig, dass die Ein-Euro-Jobber aus dem Dorfe selbst kommen, so hätten sie einen Bezug zum Arbeitsort. „Und sie werden integriert.“

Vom 24-Jährigen bis zum Fast-Rentner seien in Töplitz alle vertreten gewesen. Der Kreis kann Alg-II-Empfänger zur Arbeit verpflichten, bei Verweigerung wird das Geld gekürzt. Mit solchen Sanktionen muss in Töplitz niemandem gedroht werden. „Ich mache lieber die 25 Stunden pro Woche, als zu Hause zu sitzen“, sagt Thomas Bergmann. Der 43-Jährige hatte zuletzt als Hausmeister und Maler gearbeitet, den Ein-Euro-Job macht er nun im zweiten Jahr. Nun übernimmt er von Renate Huth die Koordination der Töplitzer Truppe.

Im Moment sind die Leute damit beschäftigt, den Pavillon am Wolfsbruch auszubessern. Das Dach muss mit Holzbrettern vernagelt und dann mit Dachpappe abgedichtet werden. Die kleine Perle am Waldrand wurde vor fünf Jahren von ABM-Kräften gebaut. Manche von ihnen setzen sie heute wieder instand – nun als Ein-Euro-Jobber. Es ist wie auf der gesamten Insel Töplitz: „Wenn man vorn fertig ist, kann man hinten wieder anfangen“, sagt Bergmann, während er den Zollstock ansetzt.

Die Arbeit wird in Töplitz nicht ausgehen. Die potenziellen 1-Euro-Jobber wohl auch nicht – leider. Denn eine richtige Anstellung, da sind sich die Töplitzer einig, wäre ihnen bei aller Verbundenheit zur Insel lieber.

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