Potsdam-Mittelmark: Frühling, Sommer, Herbst und Kerbel
Koch-Weltmeister Ronny Pietzner begleitet kulinarisch durch ein ganzes Jahr
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Kleinmachnow - Wer sich wegen des Klimawandels beim bislang klassischen Jahresdurchlauf mit Frühling, Sommer, Herbst und Winter nicht mehr zurecht findet und neue Orientierung sucht, sollte in einen Buchladen gehen und nach der aktuellen Publikation des Gourmet-Verlags Tre Torri fragen. Ein gut informierter Buchhändler serviert dann den Titel „Ein Jahr kochen mit Ronny Pietzner“.
Pietzner ist dem Brandenburger und Berliner kein Unbekannter. Im rbb-Fernsehen und Radio öffnet er regelmäßig seine Rezeptesammlung, die von ihm betriebene Bäkemühle in Kleinmachnow hat sich den Ruf einer exzellenten Küche erwirtschaftet. Einst ist Pietzner ausgezogen, um den Koch-Olymp zu erklimmen. Er arbeitete in noblen Häusern wie dem Hamburger „Elysee-Hotel“ und kam im vergangenen Jahr als Weltmeister seiner Zunft aus Singapur zurück. Doch er ist bodenständig geblieben. In Sputendorf ist er aufgewachsen, bei Reinhardt Wiesner auf der Hakeburg in die Lehre gegangen. Heute kocht Pietzner in der Bäkemühle und auf der Werderaner Bismarkhöhe. Seine jetzt bei Tro Torri erschienene Speisekarte ist eine Referenz an heimische Produkte. Sein Kochbuch ist ein kulinarischer Reiseführer durch die Mark und Jahreskalender zugleich. Im Januar empfiehlt der Weltmeister Schwarzwurzel und Steckrübe, im Mai Beelitzer Spargel und Waldmeister, im August Pfifferlinge und Schalotten. Teltower Rübchen und Lauch stehen im Oktober auf dem Speiseplan, Rot- und Rosenkohl im Dezember.
Obst und Gemüse hatten im Brandenburgischen schon immer eine Bedeutung. Goethes Gaumenfreude für das Teltower Rübchen ist oft genug zitiert worden, Beelitzer Spargel ist ein Markenname, das Werdersche Havelland gilt als der Obst- und Gemüsegarten Berlins. In Asien, weiß Pietzner, gelten Gemüsezubereitungen seit jeher als große Kochkunst. Aber auch hierzulande sei Gemüse „in die Mitte des Tellers“ gerückt. Es sei ihm wichtig, heimische Sorten in den Vordergrund zu stellen. Und so beginnt Pietzner jedes der zwölf Kapitel mit einem Exkurs über märkische Obst- und Gemüsebeete. So erfährt der Leser als Entree der Juni-Rezepturen, dass Erdbeeren einen höheren Vitamingehalt als Orangen und Zitronen haben sowie reich an Calcium, Kalium, Phosphor und Eisen sind. Pfifferlinge, so wird im August verraten, sind reich an hochwertigem Eiweiß und Ballaststoffen. Und die ab September servierte Pastinake, das fast vergessene Wurzelgemüse, hat eine äußerst hohe Vitamin-C-Dosis.
Bei der Buchpremiere am Dienstag zierte sich Pietzner: Er sei kein guter Redner, dafür ein besserer Koch. Jens Riehle vom rbb-Magazin zibb sieht das etwas anders. Er hat Pietzners Entertain-Qualitäten schon vor geraumer Zeit erkannt und holte den Koch vor die Fernsehkamera. Einmal im Monat rührt und quirlt Pietzner für über 200 000 zibb-Zuschauer. Für einen Sender, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, regionale Identität zu schaffen, sind die Rezepte eine ganz spezielle Zutat. Mit der als Begleitbuch zu der Sendung erschienen Kochlektüre „liefert Pietzner ein schmackhaftes Stück Heimatgeschichte“, meint Riehle.
Pietzner selbst ist der perfekte Werbeträger für das Buch. Unbekümmert und mit Berliner Dialekt erklärte er, was die mit frischen Fotos illustrierte Rezeptauslese bezwecken soll: Neugierig machen auf den Kochtopf der Mark und ohne Scheu ausprobieren, was der Weltmeister empfiehlt. Schon das Titelbild animiert zum Gang in die Küche und senkt die Hemmschwelle: Berliner Leber mit Äpfeln und Zwiebeln und Blumenkohlpüree. „Janz simpel und einfach“, ermuntert Pietzner zum Nachahmen. „Es kann nichts schief jehn.“ In der Tat: So wie Pietzner geschmortes Rebhuhn in Rahmsauce oder Lachsforelle mit Steinpilzen beschreibt, klingt das nicht sonderlich schwer. Und Schalottenchutney, Pastinakenpüree und Kerbelpesto mag sich exotisch anhören, ist aber regionaltypische Kost – einfach gemacht.
Herausgeber Ralf Frenzel von Tre Torri, dem Verlag für Essen, Trinken und Genuss, hat nicht lange gezögert, Ronny Pietzner als Autoren zu engagieren. „Es gibt viele, die Kochbücher machen wollen“, so Frenzel, „aber wenige, die so gut sind wie Pietzner.“ Reichlich Vorschusslorbeer für den schreibenden Koch. Doch Frenzel ist überzeugt, dass die erste Auflage mit 5000 Exemplaren Bestseller-Qualitäten hat und Ronny Pietzner „zweifelsohne bald bundesweit“ in den Medien vertreten sein wird. Bei der Frankfurter Buchmesse jedenfalls wird dank der 48 gebündelten Rezepte ein breites Publikum erfahren, wie man im Märkischen den Tisch denkt.
Wer sich durch den kulinarischen Kalender gekocht hat, wird ihn nicht als „abgegessen“ ins Regal stellen, sondern die erste Seite wieder aufschlagen. Schließlich fängt das neue Jahr auch immer wieder mit Januar an. Peter Könnicke
„Ein Jahr kochen mit Ronny Pietzner“, erhältlich für 19,90 Euro im Handel und unter www.tretorri.de
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