Potsdam-Mittelmark: Fußball, Rauch und Guinness
Das Colonialcafé in Werder (Havel) will nächste Woche am neuen Standort das erste Spiel anpfeifen
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Werder - Wenn es bei den Temperaturen bleibt, wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis die Magnolienknospen vor dem ehemaligen Bürgermeisterhaus am Plantagenplatz in Werder (Havel) platzen. Die Tür des repräsentativen Gebäudes am Nabel der Blütenstadt soll sich unabhängig von der Witterungslage wieder öffnen: Voraussichtlich nächste Woche will Christian Heinze das neue Colonialcafé öffnen. Das Café ist eigentlich eine Kneipe und in Werder seit Jahren eine Institution: Als Hertha-Fantreff wurde hier jedes Wochenende der König Fußball gefeiert. Den ursprünglichen Standort auf der Inselstadt hat Heinze wegen Problemen mit dem Mietobjekt im November aufgegeben. Jetzt geht es am neuen Standort weiter.
Schon vor zwei Jahren hatte Heinze das Bürgermeisterhaus, später Kita und dann Bibliothek, von der Stadt erworben. Marode war es, doch der Preis war fair. Bei der Sanierung gab es dann das ganze Paket unangenehmer Überraschungen, vor denen sich Bauherren in Sanierungsgebieten fürchten. Bauschäden, Schwamm, viel Geld hat das alles gekostet, etwas Fördergeld gab es auch, wobei sich Heinze über die Summen lieber ausschweigt. Viele Freunde, die Familie und Stammkunden hätten ihm geholfen. „Aus der geplanten Eröffnung zur Fußball-WM ist aber leider nichts geworden.“
Morgen ist Bauabnahme, und wenn sie gut läuft, soll es mit dem Neustart schnell gehen. Das Erdgeschoss atmet schon Kneipenatmosphäre, und man hört die Fans der Bundesliga, der Champions-Leage und des DFB-Pokals schon vor der neuen, drei Meter breiten Großleinwand die Fehlentscheidungen des Schiedsrichters kommentieren. Vieles vom alten Standort ist mitgereist, natürlich auch der Name: Im Erdgeschoss der Michaelisstraße hatte sich einst ein Kolonialwarenladen befunden. Die Bar ist jetzt etwa breiter geworden und es ist mit dem 160 Quadratmeter großen Gastraum mehr Platz. Die dunkle Wandholzverkleidung und vor allem die 80 Whiskyflaschen hinter der Bar, darunter Legenden wie Lagavulin oder Ardberg, erinnern etwas an einen Irish-Pub. „Da gibt es ja auch viele Parallelen zu Berliner Kneipen“, findet Heinze. Sieben teils wechselnde Biersorten wird er im Angebot haben – Guinness natürlich – und 25 Cocktailvarianten.
Auf eine gehobene Küche will Heinze derweil verzichten, „das können andere besser“. Sollte auf das Land Brandenburg tatsächlich ein Rauchverbot für Restaurants zukommen, will Heinze die Essenkarte sogar ganz bleiben lassen, damit bei ihm geraucht werden darf. „Fußball ohne Zigaretten – das läuft nicht.“
Clou des Hauses ist der verklinkerte Gewölbekeller, den Heinze ebenfalls saniert hat. Unter altem Schutt ist ein Hausbrunnen aufgetaucht, den er hergerichtet hat. Der effektvoll beleuchtete Brunnen könnte einen kleinen Showeffekt für die Bar hergeben, die Heinze hier unten einrichten will. Dafür will er sich aber noch etwas Zeit nehmen.
Seit der Lehre hatte Heinze sein Brot als Elektriker bei der Firma Kreutzburg verdient, bevor sich der 38-Jährige im Jahr 2000 neu orientierte. Beim Fußball hinterm Tresen fand er zu seiner Berufung. Immerhin: Die Elektrik im Bürgermeisterhaus hat er selbst saniert. Henry Klix
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