
© Enrico Bellin
Potsdam-Mittelmark: Gar nicht so schmuddelig
Der Autohof in Neu-Plötzin geriet durch einen ADAC-Test im Vorjahr in Verruf. Ein Besuch vor Ort
Stand:
Werder (Havel) - Eingezwängt zwischen dem westlichen Berliner Ring und der Bundesstraße 1 liegt der Total-Autohof im Gewerbegebiet des Werderaner Ortsteiles Neu-Plötzin. Im vergangenen Jahr kam er zu fragwürdiger Berühmtheit: Beim Raststättentest des Autoclubs ADAC landete er deutschlandweit auf dem letzten Platz.
Kritisiert wurden unter anderem der Zustand der Toiletten und dass die Mitte der 90er-Jahre gebaute Anlage keinen Spielplatz hat. „Wer will denn aber hier draußen spielen?“, fragt sich die sächsische Touristin Evelyn Pilz, die mit ihrem Mann und der Enkeltochter am Autohof Pause macht. Der abwechselnde Lärm der beiden Straßen und des Gewerbegebietes sei schließlich wenig einladend. Drinnen sei es viel ruhiger, außerdem bietet das Café eine kleine Spiel- und Leseecke. Eigentlich wollten sie auf ihrem Weg von Chemnitz nach Berlin hier nur auf Toilette, entschieden sich dann aber, gleich eine Mittagspause einzulegen. „Die Toiletten waren sauber, wie die gesamte Anlage auch.“ Allerdings, sagt Frau Pilz und schlürft am Cappuccino, mache der Rasthof an sich schon einen abgewetzten Eindruck.
Das streitet auch der Pächter Mike Wagner nicht ab. Der Autohof gehöre zu einer der ältesten Anlagen der Firma Total. Ein Umbau sei derzeit nicht absehbar, wie ein Sprecher der Konzernzentrale den PNN bestätigte. In zwei Jahren laufe der Pachtvertrag für die Fläche aus, derzeit werde dem Konzernsprecher zufolge mit dem Flächenbesitzer verhandelt. Eigentlich bräuchte die Tankstelle Wagner zufolge zumindest Drehkreuze an den Toiletten, wie sie die meisten anderen Raststätten inzwischen haben. „Zum Teil kommen hier fünf Busse nacheinander an, damit die Fahrgäste ohne zu bezahlen auf Toilette gehen können.“ Die geforderten 50 Cent lege Wagner zufolge kaum ein Gast auf den Teller vors Örtchen. Einkaufen würden sie auch nicht, von daher bleibe kaum Geld durch die Busse bei ihm.
Dabei macht der Shop beim PNN-Besuch trotz Sommerferien einen gut sortierten Eindruck, auch das Schnellrestaurant macht Appetit. Der ADAC-Test kritisierte angeblich zu hohe Essenspreise, doch 7,99 Euro für ein frisch zubereitetes und auf Wunsch vegetarisches Bauernfrühstück, das gut gewürzt ist und mit frischer Salatbeilage daherkommt, scheinen üblich für Raststätten zu sein. Auch die Hähnchenschenkel mit Bratkartoffeln zum gleichen Preis überzeugen den Kranführer David Koths, der hier regelmäßig auf seinem Arbeitsweg vorbeikommt. „Das Essen ist immer frisch und warm und die Bedienung freundlich.“ Koths sei hier noch nie enttäuscht worden. Auch das Erscheinungsbild des Autohofes störe ihn nicht. „Da gibt es weitaus schlimmere Tankstellen in der Gegend.“
Einer der Renner am Thresen ist das Trucker-Frühstück für fünf Euro mit Rührei, Schinken, einem Brötchen und Kaffee. Trucker seien dem Pächter zufolge auch eine der Kernzielgruppen des Autohofes. Sie zahlen sechs Euro, um eine Nacht hinter dem Rasthof parken zu können, bekommen dafür aber einen Gutschein über fünf Euro für das Restaurant. Außerdem können sie in der Tankstelle auch duschen, die Benutzung kostet zwei Euro.
Aufgrund dieses Profils habe man laut Total-Pressestelle nach dem ADAC-Test nicht darüber nachgedacht, die Anlage weiter aufzurüsten und kinderfreundlicher zu gestalten. „Die Kriterien, die der Club hier angesetzt hat, erschienen uns zum Teil sehr überzogen“, so ein Konzernsprecher. Wie es am Standort Neu-Plötzin weitergeht, könne erst in etwa einem Jahr mit Sicherheit gesagt werden. Enrico Bellin
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: