Potsdam-Mittelmark: Geballter Bürgerwille geht auf Reisen
564 Einwände aus Michendorf gegen A 10-Ausbau / Lärmschutzinitiative will den Schwung nutzen
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Michendorf - Es war eine Fleißarbeit: Insgesamt 564 Stellungnahmen von Michendorfer Bürgern zum geplanten A 10-Ausbau sind gestern per Kurier an das Landesamt für Bauen und Verkehr geschickt worden. Und das sind nur jene Einwände, die dem Rathaus und dem Bürgerbüro zugeleitet wurden. Wie viele Bürger darüber hinaus direkt an die Behörde geschrieben haben, ist noch unklar. Die Initiative „Lärmschutz jetzt!“ geht von bis zu 700 Briefen allein aus Michendorf aus. Gemeinsamer Tenor: Mehr Lärmschutz für die Gemeinde im Zuge der Autobahn-Erweiterung auf bis zu zwölf Spuren.
In der Verwaltung sind die Schreiben von Bürgermeisterin Cornelia Jung abgestempelt und registriert worden, bevor sie in Ordner geheftet wurden. Damit solle gewährleistet werden, dass der geballte Bürgerwille auch tatsächlich am Behördensitz in Hoppegarten ankommt, erläuterte Dieter Herrmann von der Lärmschutzinitiative gegenüber den PNN. Er verwies auf das Planfeststellungsverfahren zur Michendorfer Ortsumgehung vor einigen Jahren: Damals war ein ganzer Ordner mit Einwendungen aus einem Behördenauto gestohlen worden.
In vielerlei Hinsicht hat die Lärmschutzinitiative aus den Erfahrungen vom damals gelernt: Innerhalb kürzester Zeit haben sich die ehrenamtlichen Kräfte in die Planungsunterlagen eingearbeitet und in einer Bürgerversammlung erläutert. Fast von einer Woche auf die andere wurde das Bürgerbüro aus dem Boden gestampft, um in Einzelgesprächen den Betroffenen ihre Lage zu erklären und Hilfe beim Verfassen der Einwände zu geben. „Das Bürgerbüro hat sich absolut bewährt“, bilanziert auch Cornelia Jung. So explizit wie die Initiative hätte kein Verwaltungsmitarbeiter die Leute beraten können.
Davon haben auch die Bürger aus Ferch profitiert. Laut Hermann hätten sich viele Schwielowseeer Anregungen und sogar Plakate aus dem Bürgerbüro abgeholt und vor ihren Häusern aufgehängt. Nach Rathausangaben wurden 14 Einwände aus Schwielowsee weitergeleitet, einer davon trägt die Unterschrift von 31 Einwohnern. Eher gering scheint das Interesse bei den südlichen Nachbarn in der Gemeinde Seddiner See gewesen zu sein: Laut dortiger Bauverwaltung habe nicht ein einziger Bürger Einsicht in die Planungen genommen oder eine Stellungnahme abgegeben.
Wie viele Stellungnahmen insgesamt beim Landesbauamt eingegangen sind, konnte die zuständige Sachbearbeiterin Christa Orth gestern noch nicht sagen – zumal die Frist erst heute Nacht um 24 Uhr abgelaufen ist. Zudem würden auch in der kommenden Woche noch Briefe ankommen, es gilt der Poststempel. Sind alle Stellungnahmen eingegangen, gehen sie als Kopie an den Vorhabenträger, erläuterte Orth das weitere Verfahren. Verantwortlich für den A 10-Ausbau ist die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), die dann auf jedes einzelne Schreiben antworten müsse. Im Anschluss wird es vor Ort einen Erörterungstermin geben, in dem sich die Anlieger noch einmal äußern können. Schließlich verfasst der Landesbetrieb eine eigene Stellungnahme für das Landes-Infrastrukturministerium, das dann den Planfeststellungsbeschluss fasst.
Bis dahin wollen die Michendorfer aber nicht still abwarten, sondern den momentanen Schwung nutzen. Für den 26. Februar hat die Lärmschutzinitiative Vertreter aus Landes- und Bundespolitik ins Bürgerbüro zum Gedankenaustausch eingeladen. Denn das nächste Planfeststellungsverfahren steht bevor: Im Zuge des A 10-Ausbaus sollen auch die Raststätten massiv erweitert werden. Allein die Zahl der Lkw-Stellplätze soll auf der Südseite von derzeit 25 auf 160 erweitert werden, wie der Landesbetrieb Straßenwesen unlängst ankündigte. Wann das Verfahren startet, weiß in Michendorf noch niemand. Bürgermeisterin Jung sieht aber bereits weitere Konflikte zwischen ihrer Gemeinde und der Deges: „Was dort geplant ist, widerspricht absolut unserem Flächennutzungsplan“, sagt sie. Die Umgebung der südlichen Raststätte ist als Wald ausgewiesen. „Die Gemeinde hat hier die Planungshoheit – und daran kommt der Bund nicht vorbei“, so Jung. Thomas Lähns
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