Potsdam-Mittelmark: Geburtstagskind posthum geehrt
Saal des neuen Teltower Bürgerzentrums nach dem legendären Landrat Ernst von Stubenrauch benannt
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Teltow - Kaffee und Kuchen gehören zu einer schönen Geburtstagsfeier. So hielt man es auch am vergangenen Wochenende in Teltow, als das 155. Wiegenfest des wohl berühmtesten Landrates des einstigen Kreises Teltow auf dem Kalenderblatt stand: Ernst von Stubenrauch (1853-1909). Dem Geburtstagskind wurde nun posthum die Ehre zuteil zum Namensgeber des Saales im neuen Bürgerzentrum zu werden.
Schon im vergangenen Jahrhundert waren nach Stubenrauch Straßen, Brücken, Plätze und auch ein Krankenhaus benannt worden. In Teltow gibt es seit zwei Jahren eine Stubenrauch-Schule, und die Büste des Landrates schaut seit einigen Jahren wieder über den Marktplatz. Das Original des steingewordenen Landrates, 1908 vom Kleinmachnower Künstler Ferdinand Lepcke geschaffen, wurde im Foyer der Bürgerzentrums aufgestellt. Die neueste Ehrung, die nun ein Schild an der Saaltür dokumentiert, geht auf einen Vorschlag des Teltower Heimatvereins zurück, dem ein Beschluss der Stadtverordneten folgte.
Eingestimmt wurden die rund 200 Geburtstagssgäste durch das Streichertrio des Berliner Kammerorchesters, das Stücke aus dem 19.Jahrhundert spielte, denen seinerzeit vielleicht auch der Landrat einmal gelauscht haben mag. Denn über seine musikalischen Vorlieben ist bislang nicht viel bekannt. Ein Fragezeichen steht auch noch hinter dem Vaterhaus, des in Sagan (heute Zagan) geborenen Stubenrauchs, der dort bis 1860 seine ersten Kinderjahre verbrachte, bevor sein Vater nach Berlin zog, um dort eine Anwaltskanzlei zu eröffnen. Man werde versuchen, die Wohnadresse noch herauszufinden, versicherte Marian Ryszard Swiatek, Kulturamtsleiter aus Zagan, der polnischen Partnerstadt Teltows. Bei bisherigen Recherchen in Zaganer Archiven stieß er bereits auf einen Taufschein Stubenrauchs. Auch, dass der Vater Kreisrichter im Regierungsbezirk Frankfurt (Oder) war, können die Partner aus Zagan nun anhand einer Chronik belegen. Kulturamtsleiter Swiatek kündigte während der Geburtstagsfeier an, dass die Partnerstadt eine Ausstellung vorbereite, die den Teltowern anhand von historischen Fotos veranschaulichen solle, wie Zagan einmal Mitte des 19.Jahrhunderts aussah.
Auch Heimatvereinsmitglied Werner Heidbrink konnte der Gästeschar in seiner Rede etwas über den 1,83 großen Landrat mit dem aufgezwirbelten Schnurbart berichten. Unzweifelhaft ist seine bedeutendste Leistung die Initiative zum Bau des Teltowkanals (1900 -1906), der vor allem die Industrialisierung im Berliner Süden förderte. Heidbrink unterstrich aber besonders die Beliebtheit des Landrates, der sich in „in allen Schichten der Kreisbewohner und darüber hinaus höchster Verehrung“ erfreute. So soll er seine dienstlichen Kutschfahrten oftmals unterbrochen haben, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Auch nachdem ihn Kaiser Wilhelm II. in den Adelsstand erhob, blieb der Landrat ein bodenständiger Mann mit väterlicher Autorität. Neben dem Ausbau des Chausseenetz sorgte er auch dafür, dass Berliner Hausmüll nicht mehr auf Teltower Felder gekippt wurde.
Wegen einer bewohnerfreundlichen Bauordnung, gegen die vor allem Immobilienvertreter beim Kaiserhof Sturm liefen, wurde Stubenrauch kurzfristig vom Oberpräsidenten seines Amtes enthoben. Seine Bauordnung reglementierte streng Gebäudehöhen und Bebauungsdichte. Doch der Kreistag bestätigte Stubenrauch im Januar 1892 erneut im Amt, ebenso trat die Bauordnung wieder in Kraft. Schalkhaft nannte ihn Volkes Stimme seinerzeit „Budenqualm“ – ein Titel, aus dem auch Respekt für den energiegeladenen Landrat Ernst von Stubenrauch herausklingt.
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