Potsdam-Mittelmark: Gefährliche Munition am Fuße der Ravensberge
Zwischen Caputher Heuweg und Engelsquelle ist der Weltkrieg noch allgegenwärtig
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Zwischen Caputher Heuweg und Engelsquelle ist der Weltkrieg noch allgegenwärtig Von Erhart Hohenstein Nuthetal-Bergholz-Rehbrücke. Zwischen Caputher Heuweg und Engelsquelle werden im Wald der Ravensberge auf Rehbrücker Territorium seit Mitte Oktober gefährliche Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkrieges beseitigt. Im Auftrag des staatlichen Munitionsbergungsdienstes Land Brandenburg ist eine uckermärkische Räumungsfirma dabei, ein Areal von etwa einem Hektar bis zu einer Tiefe von vier Metern nach Bomben, Granaten, Panzerfäusten, Infanteriegeschossen u.a. abzusuchen, sie zu bergen und zweimal wöchentlich zum Abtransport bereit zu stellen. Jeweils bis zu zwei Tonnen kommen dabei zusammen. In speziellen Transportbehältern werden die Kampfmittel nach Kummerdorf gefahren und dort gesprengt. Die Aufsicht über die Bergung führt Sprengmeister Manuel Kunzendorf, der seit über 20 Jahren beim Munitionsbergungsdienst arbeitet. Kürzlich hat er in der Pirschheide seine 90. Bombe entschärft (PNN berichteten). Schon 1981 wurde der Beelitzer mit den ersten Munitionsfunden in den Ravensbergen konfrontiert. Konzentrierten sich in der DDR-Zeit die Bergungen auf Baustellen, werden heute auch Erholungsgebiete systematisch von dem brisanten Kriegserbe befreit. Kunzendorf rechnet damit, dass sich die Arbeiten am Caputher Heuweg noch etwa bis Jahresende hinziehen werden. Die Menge der Kampfmittel ist erstaunlich – allein eine zweimonatige Vorfelduntersuchung ergab 1999 etwa 40 Tonnen –, aber erklärbar. Hierher waren nach Kriegsende die auf Potsdam und Umgebung bei Luftangriffen, vor allem am 14. April 1945, und bei der Eroberung durch die Sowjetarmee niedergegangenen Bomben und Granaten gebracht worden. Wie die PNN von dem Historiker Hartmut Knitter erfuhren, wurde die gefährliche Fracht mit Pferdefuhrwerken angefahren. Die sowjetische Stadtkommandantur setzte dafür zwangsverpflichtete Potsdamer ein. Manchmal brachte Max Gustavus, der erste bei der Volkspolizei angestellte Munitionswerker, kleinere Geschosse in sandgefüllten Kisten auch per Fahrrad in die Ravensberge. Die Kampfmittel konnten jedoch nur zu einem Teil gesprengt werden, weil zu wenig Sprengmittel zur Verfügung standen. Die meisten kamen deshalb zwar mit ausgebautem Zünder, aber mit ihrem explosiven Inhalt in die Erde. Nach mehr als 50 Jahren sind sie stark vom Rost angefressen. Manuel Kunzendorf rechnet damit, dass einige nicht mehr transportfähig sind und an Ort und Stelle gesprengt werden müssen. Darüber wird der Fortgang der Arbeiten, die jetzt das Zentrum des Spreng- und Ablagerungsplatzes erreicht haben, Aufschluss geben. Den etwa 80 Mitarbeitern des brandenburgischen Munitionsbergungsdienstes, die jährlich 2000 Einsätze bewältigen, und den zwölf unter Vertrag genommenen Räumungfirmen mit rund 400 Beschäftigten wird ihre gefährliche Arbeit auf Jahrzehnte nicht ausgehen. Brandenburg ist das am stärksten mit Kriegsmunition belastete Bundesland. Dazu haben die Oderschlacht, die Kesselschlacht bei Halbe, die Bombardements Oranienburgs und Potsdams wesentlich beigetragen. Allein im Vorjahr wurden 16 Millionen Euro für die Entsorgung der Munition ausgegeben. Sprengmeister Kunzendorf hofft, dass diese hohen Aufwendungen auch von den Nutzern des Erholungsgebietes in den Ravensbergen honoriert werden. Sie sollten das von Metallgitterzäunen begrenzte und durch eine Wachschutzfirma gesicherte Gelände auf keinen Fall betreten. Diese Mahnung gehe vor allem auch an so genannte „Munitionssammler“. Nach Abschluss der Arbeiten wird das Gelände verfüllt und durch die Forstwirtschaft neu bepflanzt. Dann können hier die Erholungsuchenden ungefährdet spazieren gehen.
Erhart Hohenstein
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