KulTOUR: Gefällige Motive
Weltbürger und Blütenträume im Kunst-Geschoss
Stand:
Werder (Havel) - Vor gar nicht langer Zeit präsentierte das Museum der Havelländischen Malerkolonie zu Ferch eine kleine Personalausstellung zum Werk des Berliner Malers und gymnasialen Studienrates Gerhard Graf. In erweiterter Form und zusammen mit Fotosiebdrucken der Kunsttherapeutin und Künstlerin Monika Arlt, ist sie nunmehr in der Werderaner Stadtgalerie Kunst-Geschoss zu sehen. Eine Doppel-Ausstellung also, zwar durch hohe Aufsteller säuberlich voneinander getrennt, aber dennoch irgendwie miteinander verbunden, immerhin wohnten ja beide Künstler einige Zeit am Plessower See. Sie gehören also, ganz klar, zu Werder. Der umfangreichere Teil mit Malerei und Grafik von Gerhard Graf (1883-1958) soll nach Ansicht des Flyers einfach nur „historien-, baugeschichtliche, heimatgeschichtliche und Kunst-Ausstellung zugleich“ sein. Wer diese volumenheischenden Adjektive bei der Bilderschau weglässt, dem geschieht nichts.
Graf versteht sein Handwerk, schließlich war er nach bestandener Zeichenlehrerprüfung an der Königlichen Kunstschule 1906 examinierter Fachlehrer für den Zeichen- und Kunstunterricht. Ein selbst schaffender Kunst-Erzieher also. Nach dem 1. Weltkrieg reiste er viel durch Europa, besuchte 1927 im Auftrag des Norddeutschen Lloyd sogar die USA, von wo er richtig gute Stadtveduten wie die Guachen „Manhattan“ oder den menschenwimmelnden „Times Square“ mitbrachte. Mit demselben glücklichen Händchen hat er auch nahe Liegendes festgehalten, die „Fischerei Wegener am Plessower See“ in Öl, den Berliner Dom in Pastell, Industrielandschaften, Motive des alten Potsdam als präzise Bleistiftskizzen. Gefällige Motive in gefälligen Darstellungen, Graf hat nicht nur erfolgreich gemalt, sondern auch ganz gut Bilder verkauft. Sein im Kunst-Geschoss präsentierter Malstil wird dem Havelländischen Impressionismus zugeschlagen.
Aber natürlich konnte er auch ganz anders, was aus dieser Schau allerdings genauso wenig hervorgeht wie die vor Ort behauptete Weltbürgerschaft. Reisen allein genügt dazu nicht, das kann jeder.
Legendär ist sein Häuschen am Plessower See, das schon in Ferch zu sehen war. Auch holte er viele seiner Eleven von Berlin in die Havellandschaft. Viel Ruhm und Ehre also für Gerhard Graf, der von 1926 bis 1948 in Werder lebte. Allerdings wird frühestens die nächste Generation darüber entscheiden, auf welche Maler-Wolke er gehört. Bis dahin: eine übersichtliche, sehr ordentliche Präsentation auf weißem Grund.
Das lässt sich auch von der noch im Sudetenland geborenen Monika Arlt sagen. Für ihre „Landschaften und Blütenträume“ hat sie ein eigenes Separé unter dem Dach des Schützenhauses bekommen, mit Durchgang zu Graf, klar. Ihr Vorbild ist Andy Warhols serielle Ästhetik samt seines hilflosen Ausspruchs von der „Erhabenheit des Banalen“. Ab 2010 fertigt auch sie Fotosiebdrucke mit unfernen Motiven in Serie, zur Werderaner Bismarckhöhe mit dem Grundton blau, schwarz, grün, weiß, zum Galgenbruder Morgenstern in beliebigen Variationen. „Rapsfeld“ und „Blütendoppel“ mögen ohnehin therapeutisch oder experimentell gemeint gewesen sein, da stellt sich der Kunstsinn, also der lebende Impuls für die Seele, gerne mal hinten an.
bis zum 24. März Do., Sa. und So. von 13 bis 18 Uhr
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