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Potsdam-Mittelmark: Gegen ein Alkoholverbot

Bündnis Kurage diskutierte über Sicherheit auf öffentlichen Plätzen

Stand:

Werder - Die Diskussion um ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen der Stadt Werder hat jetzt auch das Aktionsbündnis Kurage erreicht. Auf seinem Treffen am Dienstagabend übten Teilnehmer Kritik an der Regelung, welche Ende dieses Jahres von den Stadtverordneten beschlossen werden könnte. Nach Meinung des Aktionsbündnisses ziele das Verbot konkret nur auf die Entfernung eines sehr begrenzten Personenkreises aus dem Stadtbild, der regelmäßig am Plantagenplatz anzutreffen sei.

In dem Entwurf, der kürzlich im Hauptausschuss erstmals vorgestellt wurde, werden Geldstrafen von bis zu 100 Euro für Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen und Spielplätzen sowie bis zu 50 Euro für Ansammlungen, von denen Störungen ausgehen, aufgeführt (PNN berichteten). Bereits im März hatte die CDU angeregt, mit innovativen Plakaten unter dem Motto „Rein muss sein“ die Bürger zu mehr Sauberkeit aufzurufen. Damit und mit der Verordnung orientiert sich die Union an der Werderaner Partnerstadt Siegburg.

Trunkenheit war auch im Spiel, als am 17. Mai dieses Jahres auf dem Plantagenplatz drei junge Männer aus Potsdam – darunter zwei Dunkelhäutige -– erst beleidigt wurden und später in eine Schlägerei gerieten. Der Vorfall war erst vor zwei Wochen an die Öffentlichkeit gelangt und sorgt seitdem für Aufsehen. Bürgermeister Werner Große (CDU) hatte auf das Alkoholverbot als eine mögliche Strategie gegen Gewalt im öffentlichen Raum verwiesen.

Eigentlich sollten am Dienstagabend beim Aktionsbündnis Reaktionen auf diesen Vorfall erörtert werden, doch in Anbetracht der noch unklaren Hintergründe des Übergriffs gab man sich bedeckt: Die Beteiligten kannten sich, und ob ein fremdenfeindliches Motiv bestand, wird von der Staatsanwaltschaft noch untersucht. Kurage-Vorsitzender Uwe Dinjus warnte vor Vorverurteilungen. Erst nach Abschluss der Ermittlungen könne man wirksam reagieren.

Mit einem Alkoholverbot, so hieß es am Dienstagabend, würden indes nur die „Schwächsten“ in den Focus des Ordnungsamtes geraten. „Die können die Bußgelder ohnehin nicht bezahlen“, sagte Editha Stuertz-Frase vom Aktionsbündnis. Und Hans Eckert, Fraktionsvorsitzender der Linken im Stadtparlament, bemerkte: „Sie werden dann an andere Stellen, zum Beispiel vor die Supermärkte verschoben.“

Generell wurde kritisiert, dass sich die Verordnung nicht mit den Wurzeln, also der Lebenssituation der Betroffenen, beschäftige, sondern allein auf ein sauberes Stadtbild ausgerichtet sei. Dabei wurde von den Anwesenden zwar zugegeben, dass der Anblick manchmal „nicht schön“ sei, besonders was das öffentliche Urinieren anbelangt, doch gebe es bereits rechtliche Handhaben, die nur angewandt werden müssten. Dass der Plantagenplatz dann aber doch nicht der einzige Ort sei, an dem getrunken wird, sagten zwei Werderanerinnen, die sich in ihrer Straße regelmäßig bis in die Nacht hinein mit lärmenden Jugendlichen konfrontiert sehen. Und schließlich gebe es viele Bürger, die für das Verbot wären.

Unterm Strich wurde die Verfassungsmäßigkeit eines Alkoholverbotes in Frage gestellt und auf das Fehlen von Alternativen hingewiesen. Zumindest in diesem Punkt konnte Sieglinde Rüters vom Verein Rückenwind widersprechen: Seit August bietet sie Beratungsstunden für sozial Benachteiligte in Werder an. Der Verein unterstützt Bedürftige in allen Lebenslagen, dazu gehören Beratung in Lebens- und Rechtsfragen, Suchtprävention, Jobvermittlung, aber auch konkrete Projekte wie eine Fahrradwerkstatt und das „Arbeitsprojekt“, in dessen Rahmen Hartz-IV-Empfänger handwerkliche Hilfe bei Umzügen und Renovierungen anbieten. Die Werderaner Beratungsstelle befindet sich in der Kesselgrundstraße 1-5. Dort soll im Januar auch ein „Jugendrechtshaus“ eröffnet werden. Hier sollen Projekte gezielt für Jugendliche umgesetzt werden, unter anderem gehe es um die Vermittlung von Werten, Gewaltprävention und Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Thomas Lähns

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