KulTOUR: Gegenlicht und stilles Echo
Grit Rademacher hat in Werder ihre künstlerische Heimat gefunden / Bilderausstellung bei „Kunst & Krempel“
Stand:
Werder (Havel) - „Kunst & Krempel“ als Name für ein Geschäft, darin es weder an „antikem“ Essgeschirr, noch an Römern, Wandteppichen, Lüstern, Möbeln oder Bildern ältere Bauart mangelt, ist wahrlich gut getroffen. Direkt an der Glindower B 1 gelegen, kann es sich mit jedem Antiquitätenladen einer Großstadt messen, fraglich allerdings, ob man dort freundlicher als bei Hartmut Ziehlke empfangen wird. Inmitten von „Kunst & Krempel“ also seit Mittwoch die erste Werderaner Ausstellung von Grit Rademacher – Blumen, Gärten, Landschaften, fast alle in der Gravidität des Öles der Maler geschaffen.
Im Beruf Modedesignerin und Mutter von vier Kindern, nutzte sie jede freie Minute für ihre Kunst, ging in die „freie Natur“ oder erinnerte sich ihres „verlassenen“ Gartens zu Potsdam, denn seit einem Jahr wohnt die bekennende Hagemeister-Schülerin (wie einst er) in Werder. Zwei gute Kopien seiner „Winterbilder“ in der Backstube zeigen ihre Vorliebe für dessen Ästhetik, sie hängen ziemlich hoch. Auch der Ausstellungstitel verweist geradezu ostentativ auf das mehr oder weniger gewonnene „Gegenlicht und Echo“.
Eigene Intentionen: Vorliebe für Blumen als „Hingabe an das Leben“. Sie möchte „die in der Natur wohnende Mystik“ erfassen und „das Reich dahinter“ betreten. Hat sie ihren Lehrmeister nun schon verlassen, ist sie bei den eigenen Zielen angekommen? Immerhin stehen bereits einige Ausstellungen, etwa in Berlin oder Linz, zu Buche.
Dreißig Bilder hat sie mit ihrem „Mentor“ Arno C. Schmetjen für einen Verkaufsraum und die Backstube hinten ausgewählt, ganz unterschiedliche Arbeiten. Vielleicht lösen die schönen Ei-Tempera-Bilder „Rittersporn und Fingerhut“ sowie „Margariten und Mohn“ mit ihren Rahmen diese Hingabe am besten ein, obwohl als „Anhängsel“ zu den Ölbildern gedacht. Hier findet der Ausdruck die gewünschte Intention ganz federleicht: lichte Farben, Hell und Dunkel, Farbe und unbehandelte Fläche, die das Auge so braucht. Das Mystische ist ja meistens „luftig“. Alle anderen haben sich dem Öl in seiner Schwere verschrieben.
Warum immer nur Öl? Es braucht die Ruhe, das Detail, den feinen Strich. Grit Rademacher aber eilt manchmal durch ihre Sujets, bis die „Goldrute am Feldweg“ im Farben-Dschungel verschwindet. Es scheint, als sei ihr diese Materie auf ihrem „impressiven“ Weg zur Natur geradezu im Wege, wie in „Laub im Wasser“ oder das Blattwerk im Vordergrund des „Seerosenteiches“.
Unruh (als Sehnsucht nach Ruhe) ist vielen Bildern eingeboren, bei „Licht und Schatten“, auf der „Narzissenwiese“ oder der „Insel Werder“. Wenn sie aber ein Bruch am Schwielowsee oder „Abend im Garten“ malt, gibt ihr Gegenlicht ein stilles Echo, hier findet sich auch die „Kunst des Weglassens“ am klarsten. Details sucht man dort, wo all die „Frühblüher“ wachsen, manchmal auch die kunstvolle Idee zum Sujet.
Einige Motive wirken aus dem oft dunkeltonigen Hintergrund wie herausgesogen und vergrößert; auf hellen Wänden werden diese farbgesättigten Bilder sicher wirken, leben. Mit den „Drei Vasen“ hat sie übrigens Ziehlkes Laden „verewigt“, ein gutes Werk. Man hörte überhaupt viel Lob für ihre Arbeit.
Nachdem Arno C. Schmetjen als Laudator den allgemeinen Kunstbetrieb hart kritisiert hatte, hob er die Könnerschaft von Grit Rademacher hervor, ihre eigenen Seiten jenseits des Vorbilds. Er ist überzeugt, dass sie auf einem guten Weg sei. Dem darf man sich „als Echo“, doch auch im Gegenlichte, anschließen.
bis 30. Juni in der Alten Bäckerei Glindow, Glindower Chausseestr. 90, donnerstags bis sonntags zu den Öffnungszeiten
Gerold Paul
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