Potsdam-Mittelmark: Geheimnisvolle Bungalows am Machnower See
Auf den Spuren der Staatssicherheit in Kleinmachnow / Wie Naturschutz außer Kraft gesetzt wurde
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Kleinmachnow - Den weiß gestrichenen Bungalows am Ufer des Machnower Sees sieht man ihre einstige brisante Rolle nicht mehr an: Sie dienten der Grenzsicherung. Denn der Teltowkanal, der durch den See hindurchfließt war zu DDR-Zeiten ein Transitstraßenwasserweg. Dass die drei Bungalows noch immer auf einer Fläche von rund 2000 Quadratmetern stehen, die zum Landschaftsschutzgebiet Bäkethal gehört, will der CDU-Ortsverband nicht mehr hinnehmen. „Damit werden wir uns in der nächsten Wahlperiode beschäftigen“, kündigte dessen Ehrenvorsitzender Maximilian Tauscher auf einer Radtour am Wochenende an. Gemeinsam mit Georg Heinze führte er rund 40 Interessierte zu ausgewählten Objekten im Ort, von denen aus die Stasi verdeckt gegen „Feinde der DDR“ ermittelt hatte.
„Die Nutzer der Bungalows haben eine bestimmte Aufgabe“, erklärte der Vizebürgermeister 1986 dem örtlichen Naturschutzbeauftragten Heinze. Der hatte erste Bauarbeiten am Ufer bemerkt und wollte wissen, wer das genehmigt habe. Doch die Antwort befriedigte ihn nicht, denn seit den 20er Jahren stand das Südufer unter Schutz, und auch ein Kreistagsbeschluss untersagte seinerzeit eine individuelle Bebauung für Erholungseinrichtungen im Bäkethal. Also schrieb der Naturschutzbeauftragte einen Brief an die Kreisbehörde mit der Bitte, man möge doch rechtliche Schritte einleiten, um den Beschluss durchzusetzen. Eine Antwort bekam er nicht, auch die Akademie für Staat und Recht antwortete nicht auf die Frage: „Hat eine Gemeinde das Recht ihre Ortssatzung außer Kraft zu setzen?“ Insgesamt waren es 22 Briefe, die Heinze an Behörden und die SED-Oberen schrieb. Zur Radtour hatte er den dicken Ordner mitgebracht, der ein Glanzstück realsozialistischer Bürokratie offenbart. Denn so richtig zuständig fühlte sich damals niemand und so wurde Heinzes Anliegen solange weitergereicht bis es wieder in der örtlichen Gemeindevertretung landete. Grienend zitierte er nun während der Radtour aus einer Stellungnahme des Rates des Bezirkes: „Die Art wie Heinze an die Probleme rangeht, kann nicht akzeptiert werden."
Eine Erklärung für diese Groteske lieferte Maximilian Tauscher, der sich ausführlich mit der Historie des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) beschäftigt hat. So lautete eine Maxime des Apparates: Sicherheit geht vor Recht. Damit konnten auch Naturschutzgebiete außer Kraft gesetzt werden wie ein weiteres Beispiel aus dem Bannwald zeigt. Auf zwei Grundstücken an der Straße Märkische Heide 13/15 befand sich einst ein Kfz-Stützpunkt der Stasi. Der Parkplatz sei ausnehmend groß gewesen, aber besonders unüblich war die Ausfahrt über den Bannwald. Denn dafür wurde die Grundstücksgrenze 30 Meter bis an den Waldweg erweitert. Tauscher: „Das war schon damals gegen alle Vorschriften.“ Zwar seien die heutigen Bewohner andere und würden die Ausfahrt nicht mehr nutzen, aber die Frage der Renaturierung sei noch offen, stellte Tauscher fest. Ebenso am Erlenweg mussten 180 Bäume, darunter Eichen, Ahorn und Weiden, gefällt werden, weil sie die Sicherheit gefährdeten.
Auch ein Trinkwasserschutzgebiet wurde dem Sicherheitsbedürfnis geopfert. Um Personen von der Grenze fernzuhalten wurde in den 80er Jahren eine Kleingartensparte in einer solchen Schutzzone nahe der Neubauernsiedlung etabliert. „Die Leute zogen nicht nur Rüben, sondern hielten auch Augen und Ohren offen“, sagt Heinze. Nicht nur er wurde zu DDR-Zeiten gemaßregelt, wenn er als Naturschutzbeauftragter geltendes Recht einforderte. Auch prominente Kleinmachnower liefen gegen Wände. „Wir sollen uns raushalten, hieß es immer“, erinnert sich Heinze. Doch nach 18 Jahren Mauerfall, so der CDU-Ortsverband, sei es an der Zeit, die heute noch zu sehenden Auswirkungen auf den Prüfstand zu stellen.
Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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